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Unger: Das Gerolzhofener Hexenbrennen.
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logie liefert die-Basis für die naturwissenschaftlieh
fundirte Ethik. I ndem der Mensch
seinenbewussten Willen in thunlichstvoll-
kommener leiblicher und geistiger Entwicklung
, Ausbildung und Fortpflanzung
im Sinne eines progressiven Altruismus
bethätigt, schafft er die Bedingungen zu
einem befriedigenden Leben, fördert er
den (erkennbaren nächsten) Zweckdes Welt-
prozesses und erfüllt so seine Stellung als
ein aktiver Theil des Alls. Jeder Blick in die
Vielgestaltigkeit des menschlichen Lebens bringt lichtvolle
Bestätigungen dieser auf dem Wege der naturwissenschaftlichen
Psychologie erkannten Wahrheit. So lange ein Mensch
diese Richtung einhält, so lange handelt er gut, sittlich,
befindet sich auch körperlich und seelisch befriedigt, d. i.
glücklich; wie er von derselben abweicht, widerfahren ihm
die mannigfachsten Leiden, die quaivollsten Schmerzen! —
(Schluss folgt.)
III. Abtheilung.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergJL
J*as Gerolzhofener Hexeiibreimeii.
Von Franz Unger.
Im Frankenlande, zur Diözese Würzhurg gehörig, liegt
das freundliche Städtchen Gerolzhofen, der Hauptort des
gleichnamigen Bezirkes und Gaus. Wer heute durch seine
stillen, manchmal recht idyllisch anmuthenden Strassen und
Gassen wandelt, kann sich schwer entschliessen, zu glauben,
dass dies einst ein Hauptschauplatz der schrecklichsten
Greuel, eine bevorzugte Stätte der entsetzlichsten Hexenprozesse
- und Verbrennungen war. Thatsächlich hat sich
Gerolzhofen dadurch für immer einen traurigen Namen in
der Geschichte gemacht, dass es im Anfang des 47. Jahrhunderts
eine unglaublich hohe Zahl von „Hexen" ihr Leben
auf dem Scheiterhaufen beenden sah. Unter dem Bischof
Friedrich von Wirsberg nahmen die Hexenprozesse und
schauerlichen Hinrichtungen ihren Anfang. Die „Bavaria"*)
*) „Bavaiia" Landes- und Volkskunde des Königreich Bayerns. IV, i.
München 1846.
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