Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
28. Jahrgang.1901
Seite: 60
(PDF, 194 MB)
Bibliographische Information
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CO Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1901.)

Hass und dergl., so treten diese Empfindungen niemals rein, sondern in
Verbindung mit anderen Vorstellungen oder Gefühlen auf. Ganz anders
beim künstlichen Somnambulismus. Der Somnambulismus ist der Zustand
des Monoideismus. Hier wird die eine Empfindung von allen Assoziationen
losgeschält. Sie ist die einzige Idee, alle anderen sind unterdrückt:
unvermischt beherrscht sie das Individuum in ihrer ganzen Stärke. Dies
hat zur Folge, dass auch ihr Ausdruck, die Gesten, von höchster Intensität
sind. Hätten wir also ein Individuum, das aussergewöhnlich für Suggestionen
empfanglich ist, so müsste bei ihm auch der Ausdruck der Empfindungen
die höchste Stufe erreichen. Es würde ein Instrument sein, auf dem die
ganze Skala der Empfindungen zum Ausdruck käue, bei dem die feinste
seelische Regung ihren homogenen Ausdruck findet. Dieses Instrument würde
uns zu jeder Zeit die gewünschten seelischen Vorgänge darstellen können.

Ich brauche kein Wort darüber zu verlieren, welche Bedeutung solche
Versuche für die bildende Kunst hätten. Die Kunst ist mehr oder minder
stets auf das Studium von Modellen angewiesen. Die Linien des Körpers
sind etwas Festes, was sie stets beobachten kann. Anders der Gesichtsausdruck
und die Gesten. Hier ist der Künstler angewiesen, momentane
Vorgänge durch Skizzen festzuhalten oder aus der Phantasie zu ergänzen.
Das Mittel, willkürlich und jeder Zeit die gewünschten seelischen Vorgänge
und ihren entsprechenden Ausdruck hervorzurufen, war ihm bisher
versagt. Rochrts hat den Weg dazu eröffnet. Sein ideales Modell ist „Lhia".

Lina, eine junge Frau, ist eines der schönsten Pariser Modelle Durch
ihre Eigenschaft als Modell wurden ihre ästhetischen Fähigkeiten gesteigert,
und sie lernte es, von ihren herrlichen Gliedern ästhetisch Gebrauch zu
machen. Charakteristisch ist für sie die Noblesse und Intensität ihrer
Bewegungen, die sie ihrem schönen Wuchs und ihrer starken Muskulatur
verdankt. Sie besitzt aber zugleich eine seltene Sensibilität. Durch einfaches
Fixiren oder durch den Druck auf zwei hypnogene Punkte fallt sie in eine
leichte Hypnose (£tat superficiel). Dieser hypnotische Zustand blieb sich
stets gleich, wodurch die Gleichmäßigkeit der Versuche gewährleistet wurde.

Rochas begann mit Wortsuggestionen. Er brachte Lina in den
leichten hypnotischen Zustand und gab ihr nun verschiedene Suggestionen.
Dabei genügte jedoch nicht die einfache Suggestion, etwa durch ein Wort.
Die Idee musste ihr vielmehr klar gemacht, durch immer neue Einzelheiten
gesteigert und geschärft werden, bis zu dem Augenblick, wo die zunächst
unbestimmte Geste die höchste Intensität erreichte. Dieser Moment wurde
dann photographisch festgehalten. Seitens des Experimentators erforderten
diese Experimente eine ungeheuere Konzentrirung, da sich jede Schwankung
der Aufmerksamkeit seinerseits auf Lina übertrug.

Unter den so gewonnenen Aufnahmen finden sich Gesten von hin-
reissender Schönheit. Ich rechne darunter die ,, Maria Magdalena" und
„Frankreich, dem man Elsass-Lothiingen entreisst und zurück giebt." Eine
geradezu imponirende Kraft des Ausdrucks wohnt diesen herrlichen Gestalten
*) inne. Rochas hat in einigen Fällen zum Vergleich Atelier-Posen
beigefügt, die an den Ausdruck in der Hypnose auch nicht im entferntesten
heran reichen. Von der Macht der Suggestion bekommt man eine Ahnung,
wenn man liest, dass Lina bei der Suggestion, sie sei Jeanne &Arc auf
dem Scheiterhaufen, derartig litt, das« man ihr schleunigst suggeriren
musste, sie empfinde die Flammen nicht. Interessant ist die Entstehung
der beiden Bilder „Phryne vor den Heliasten.u Lina war zur Sitzung zu
spät gekommen. JRochas machte ihr Vorwürfe, die sie tief erregten. Da
erklärte ihr sie brauche nur ihren schönen Körper zu zeigen, um

*) Der Leser findet die schönsten dieser Bilder in den ersten Lieferungen
des bei Oswald Mutze in Leipzig soeben coraplett erschienenen Werkes
von Dr. med. H. Rerndt „Das Buch der Wunder und der Geheimen Wissen«
.ohaften" wiedergegeben, — Red.


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