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Maier: Vom Spiritisten-Kongress zu Paris.
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nähere Mittheilungen macht (vgl. unser Jan.-Heft S. 7—8)
verfehlten ihren Eindruck sogar auf skeptische Materialisten
nicht und trugen zur Beherrschung der Debatte durch die
Magnetisten auch in den übrigen Sektionen bei
So eröffnete am 26. Sept. die hermetische Sektion
unter Vorsitz von Fabius de Champville ein Vortrag Durville's
über den Gang der magnetischen Behandlung bei nervösen
und organischen Leiden. Er entwickelte speziell die Theorien
von Puysegur, von Deleuze und von Dupotei und erinnerte
daran, dass hei der magnetischen Behandlung nach einander
die verschiedenen, die Krankheitsentwickelung eharakteri-
sirenden Phasen hervortreten, welche der Zögling schon
durch Betasten des Schädels des Patienten zu diagnostiziren
vermöge. — Ein Anhänger der katholischen Fortschrittspartei
, Herr Jounet, wünschte, dass die Neospiritualisten
speziell die Natur der in Lourdes bewirkton Wunderheilungen
studiren würden. Herr ßouvier von Lyon meinte, auf lÜDO
in die Wundergrotte geführte Kranke seien höchstens 10
erfolgreiche Kuren zu konstatiren, weshalb mehrere Redner
es nicht für gerade dringend erachteten, die Thatsachen
näher zu ermitteln, durch welche jene unsichtbaren Einflüsse
stattfinden. Der Präsident schliesst die Debatte mit der
gewiss richtigen Bemerkung, dass bei all diesen merkwürdigen
Kuren und spontanen Heilungen die Autosuggestion
des Kranken die Hauptrolle spiele, worauf noch weiter über
orthopädische Massage, somnambules Hellsehen, Bildzauber
(envoütement), Gedankenübertragung und Gedankenphoto-
graphie diskutirt wurde. —
In der von Lion Denis geleiteten spiritistischen
Sektion wurden verschiedene Denkschriften „über das Dasein
Gottes", verlesen, eine durch Kongressbeschlüsse oder
Dekrete selbstredend niemals zu lösende „letzte Frage", die,
im Gegensatz zum Kongress von 1889, auf Kosten der
Vernunft und des guten Geschmacks, diesmal nur deshalb
auf die Tagesordnung gesetzt worden war, um dem von
klerikaler Seite gegen die Spiritualisten erhobenen Vorwurf
des Atheismus offiziell zu begegnen. Nach einer beredten
Ansprache der brasilianischen Delegirten Mme. Rose Meryss
wurde dann den Kongresstheiinehmern folgende Resolution
vorgeschlagen und — mit Ausnahme von zwei Stimmen,
welche die in § 2 angedeutete Reinkarnationslehre nicht
anerkannten, auch einstimmig angenommen:
rDie spiritistische Sektion des 1900 zu Paris tagenden
internationalen spiritualistischen Kongresses schlägt Ihnen
— nach Verlesen der Berichte, Denkschriften und Dokumente,
sowie nach Anhören der an die Lebensfragen, zu deren
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