http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0088
80 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg, 2. Heft. (Februar 1901.)
Ikarusflügel hatte. . . . Ihre Verstösse aufzuzählen, würde
endlos sein."
Müller hatte damals noch die sehwache Hoffnung, die
Gesellschaft könne durch die in Angriff genommene Veröffentlichung
einiger indischen Bücher — es waren elende
Nachdrucke — wenigstens ein bischen Gutes schaffen. Ich
konnte schon damals die Hoffnung nicht mehr theilen, als
ich in den erläuternden Zusätzen der Herausgeber von
PatanjalVs Yoga-Philosophie als selbstbeobachtetes
ßelegbeispiel für die Macht konzentrirten Willens die köstliche
Erzählung fand, der Schreiber habe selbst die Wirkung
der Furcht beim Anblick von Schrecklichem beobachtet,
als er sah, wie sich im Lauf von zwei bis drei Wochen
eine in einem Kasten mit einem Käfer zugleich eingeschlossene
Assel gleichfalls in einen Käfer verwandelt habe.
Der Mann hatte wahrscheinlich einen dem Ausschlüpfen
naaen Engerling für eine Assel angesehen. Man kann sich
aber denken, welchen Kohl solche Beobachter über Yoga-
Philosophie zu Tage fördern müssen. Das geht wirklich
noch über Olcotfs Philologie hinaus, wenn er mehrmals in
seinen Schreibereien das seiner Meinung nach von den
Jesuiten gewählte Motto „iinis coronat opus" durch die
klassische Uebersetzung „Der Zweck heiligt die Mittel" (!)
wiedergiebt.
Max Müller hat die frühere schwache Hoffnung auch
gründlich aufgegeben, wie aus seinen nachgelassenen „Lebens-
erinnerungeu" (Gotha, Perthes 1901) erhellt. Er schreibt
dort: „Madame Blavatzky und ihre Freunde
haben der Sache Indiens mehr geschadet
als genützt. ... Man kann nicht umhin, sich zu ereifern
, wenn man die erhabenen Anschauungen der alten
indischen Philosophen zu nebeligen Hirngespinsten herabziehen
und durch die Verquickung mit Kniffen von der
Gasse entwerthen sieht. Corruptio optimi pessima. . . . Ich
glaube, dass eine nicht ehrliche und aufrichtige Sache nicht
zum Guten führt, und entdecke eben wieder in Vivekanandas
Auftreten in Amerika den noch nicht gründlich ausgefegten
Blawiztcy'sehen Sauerteig. Der Vedantismus braucht keiner
Bemäntelung und Bespiegelung." —
Dass dieser Vwekananda, der ja auch in den „Lotus-
blüthen" seine Weisheit verzapfen Jässt, nach Müllems Ver-
muthung ein verrannter, sonst aber ehrlicher Fanatiker ist,
ebenso wie der buddhistische Propagandist Dharmapala, will
ich nur beiläufig bemerken.
Müller giebt zur Charakteristik des Treibens der Bla-
t;afc%-Apostel, denen hie und da eine stumpfsinnige Menge
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0088