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Maier: Die Identitätsbeweise der Fürstin Karadja. 105
einer Sitzung mit einem hellsehenden Medium beigewohnt,
wobei sie, während sie früher keinerlei Interesse an okkulten
Gegenständen nahm, einen so tiefgehenden Eindruck erhielt,
dass sie alsbald den Entschluss fasste, aus Anlass einer
Reise nach London noch im gleichen Frühjahr ihre ganze
freie Zeit der Lösung dieser ihr nun wichtigsten Frage zu
widmen. Sie versichert in glaubhafter Weise, zu den zahlreichen
dortigen Spiritisten keinerlei Beziehung gehabt und
lediglich einer Annonce im „Light" folgend in strengstem
Inkognito einer psychometrischen Sitzung mit dem berühmten
Hellseher Alfred Peters daselbst beigewohnt zu haben. Von
dieser Sitzung, welche einen Wendepunkt in ihrem Geistesleben
bezeichnete, giebt sie selbst in der Einleitung der
„Spiritualiptischen Phänomene" eine fesselnde Schilderung.
In der Wohnung des Mediums, das sie noch niemals gesehen
hatte, traf sie neun andere Personen, welche ihr genau so,
wie sie selbst ihnen, gänzlich unbekannt waren. Peters konnte
nicht einmal ihre Nationalität errathen, da die Fürstin das
Englische wie eine Eingeborene spricht. Niemand richtete
an die fremde Besuoherin eine Frage; sie nahm, ohne ein
Wort zu sprechen, ihren Platz neben den anderen ein.
„Nachdem das Medium, erzählt sie selbst, mehrere
Personen mit gutem Erfolg psychometrisirt hatte, wendete
es sich gegen mich und sagte: „Ich sehe neben Ihnen einen
Geist." (Hierzu kam die Beschreibung, in welcher ich bis
auf die minutiösesten Einzelheiten meinen verstorbenen Mann
erkannte). „Ich höre ihn rufen: „Maryl Mary\ Sein Name
ist Jean; er wünscht mit Ihnen zu sprechen," Hierauf folgte
(durch das Medium) eine lange Mittheilung privater Natur
über Thatsachen, von welchen ausser meinem Mann niemand
Kenntniss erhalten haben konnte. Unter anderem erinnerte
er mich an eine Feuersbrunst, die im Schloss von Bovigny
(Belgien) ausbrach, als seine Leiche sich im Sarg befand
und ich ohnmächtig daneben lag. Dieses bemerkenswerthe
und schreckliche Ereigniss war natürlich allen Anwesenden
unbekannt und ich selbst dachte in diesem Augenblick nicht
daran. — Nach einer kurzen Pause fuhr das Medium fort:
„Ich sehe eine Frauengestalt neben Ihnen" und beschrieb
sie aufs genaueste. Ich erklärte, niemals eine solche Person
gekannt zu haben. Herr Peters erwiederte: „Sie giebt ihren
Namen als „Bremer" an." Ich antwortete, er müsse sich
irren, denn ich habe nie jemand dieses Namens gekannt. Nach
längerer Pause und grosser Anstrengung fügte er hinzu:
„Frederika Bre—mer" (Eine schwedische Schriftstellerin aus
dem Anfang dieses Jahrhunderts). Bei meinem Erstaunen
änderte sich die Stimme des Mediums und es sagte langsam
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