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C. W. Sellin: Scheinwissenschaft und Thatsachen. 139
S. P. R. an die Seite stellen, so lange der Bohnismus noch
eine Stätte bei ihr findet. Auch die S. P. R. hat im Lauf
der Zeit wohl Fehler gemacht und wieder gut gemacht.
Aber ein so grober Verstoss gegen die einfachsten
Regeln sittlichen Anstandes, wie Bohn sich derselben
gegen eine ehrliche deutsche Arbeiterfrau
und einen bei seinen Mitbürgern geachteten
fleissigen Arbeiter, Herrn Jentsch, schuldig gemacht
hat, wäre dort völlig unmöglich gewesen. Und alles das im
Namen der Wissenschaft. Damit genug! —
Ich gehe zur Fortsetzung meiner Beobachtungen bei
Frau Rothe über, welche, wie ich gleich zum Eingang bemerken
will, räch rückwärts auch ein helles Licht auf meine
erste Sitzung mit ihr geworfen und manche zweifelhaften
Punkte aufgehellt haben. Bohn hat ja das Kunststück fertig
gebracht, für mein Verhalten bei dieser ersten Sitzung
sammt meinen kurzen Mittheilungen darüber die ganz
neue Kategorie „bisher unwissenschaftlich" zu erfinden, eine
Wortschöpfung, welche sich der Riemann'sehen contradictio
in adjecto n vorläufiges Verdikt auf unzweifelhafte
Echtheit aller Phasen ÄrtÄ^seher Mediumschaft"
würdig anschliesst. Sie hat mir wenigstens einen Moment
grosser Heiterkeit verschafft. Ich denke, ich brauche nichts
darüber zu sagen, dass man doch nicht ,,vorläufig** einen
Diamanten für „zweifellos echt" erklären kann. Dass ich
weitere Beobachtungen anstellen wollte, um zu sehen, ob
und in wie weit aus der Roihe'schen Mediumschaft sich
„mehr und Edleres entwickeln" lasse, als es auf den
ersten Blick den Anschein hatte, war ja überdies deutlich
genug von mir ausgesprochen. Jetzt liegen diese Beobachtungen
zum Theil hinter mir, und ich werde dem Leser das durchweg
günstige Resultat derselben in dem Folgenden mittheilen,
soweit es nicht bereits in meinem Brief aus Chemnitz an
Prof. Maier im Februar-Heft geschehen ist.
Ueber die Sitzung vom 16. Dezember v. J. habe ich
wenig hinzuzusetzen. Dass die Anwesenheit von 18 Personen
den Prüfungscharakter im strikten Sinne des Wortes aus-
schloss, ist ja Selbstverstand. Aber ich darf deshalb noch
lange nicht zugeben, dass die Sitzungsresultate, wie sie in
dem von mir mitunterzeichneten Protokoll und in meinem
Brief niedergelegt sind, der Evidenz entbehren. Das
Medium war untersucht,*) mein Platz zum Beobachten
*) Von wem, wo, wann und wie? Das zu erfahr«? haben die Leser
der „Psych. Stud." umsomehr ein Recht, als in einem ganz ähnlichen Fall,
bei den Sitzungen mit der bekannten Mrs. Corner in der Wissenschaftlichen
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