http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0156
148 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 3. Heft. (März 1901.)
Eindruck gemacht, doch ist mir das mehr als zweifelhaft.
Die Uhr, welche die Frau des Hauses verloren hatte, lag
freilich längst auf dem Polizeihureau, und Herr A. hatte
sich nachher bei Frau R. zu entschuldigen. Das kam natürlich
für die Hamburger Sitzungen zu spät!
Dort folgte Sitzung auf Sitzung, ja auch in den Pausen
bei gelegentlichen Besuchen oder Spaziergängen mit Frau
R. traten Tranceerscheinungen, selbst überraschende Apporte
ein, mit einem Wort, eine alles Maas-s übersteigende Ausnützung
der Nervenkraft fand statt. Herr W. versichert,
dass die gelegentlichen Manifestationen fast noch
überzeugender gewesen seien, als diejenigen während der
Sitzungen. Abends war dann Materialisationssitzung.
Dass diese nach solcher Ausnützung der Kratt nicht mehr
viel bringen konnte, sieht ein Kind ein. Es ist unglaublich
, was alles phäromenenhungrige Spiritisten fertig bringen.
Dennoch war Alles entzückt. Blumenbouquets wurden Frau
Rothe zum Danke überbracht, zu Gesellschaften wurde sie
eingeladen. Sie war ja völlig zu Allem bereit, was man
nur zur Prüfung verlangen konnte; keiner Untersuchung
entzog sie sich; selbst als die Materialisationen nur schwach
waren in Folge zu grossen Kraftverbrauchs, als selbst ihr
Begleiter D. ihr rieth, nicht mehr für Materialisation zu
sitzen, bleibt sie im Vertrauen auf ihre Gabe bei ihrem
Wunsch; ja sie „gestattet willig", dass die Momentaufnahme
bei Magnesiumlicht gemacht wird. Kann man
mehr von einem Medium verlangen? Ist das nicht eines
der stärksten Indizien, dass sie sich schuldlos wusste?
Bei der Abendsitzung wird die Momentaufnahme gemacht
. Diese befindet sich in meinen Händen. Das Resultat
scheint zum mindesten zweifelhaft. Man sieht auf dem Bilde
Frau Rothe mit geschlossenen Augen, also wahrscheinlich
im Trance in der Üeffnung des Vorhangs stehen, die linke
Schulter sammt Arm vom Vorhang bedeckt. An derselben
Seite vor dem Rande des Vorhanges eine weisse Gestalt
mit verhülltem Gesicht. Es kann eine Puppe, es kann auch
eine mangelhaft materialisirte Gestalt sein. Ich selbst habe
bei einem sich entwickelnden Medium derartige Gestalten
oft genug gesehen, wenn die Kraft zur Bildung voller Gestalten
fehlte. Die Arme sind jedenfalls nicht materialisirt.
Auf den ersten Blick könnte man glauben, es sei eine von
dem Medium in der linken Hand gehaltene Puppe. Sobald
man aber die Masse genau betrachtet, weicht diese Erklärung
zurück. Der linke Arm ist nicht lang genug, um
diese Gestalt bis vor den Vorhang zu schieben, ohne eine
Menge Falten zu machen. Zweitens genügt, der am folgen-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0156