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152 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 3. Heft. iMärz 19(>1.)
er nicht seinen Artikel „durch Sachkenntnis unbeirrt"
schreiben wollte, nach Chemnitz gereist, hätte er dort eine
einfache Sitzung mit wenigen Theilnehmern mitgemacht
und die besseren Sitzungsprotokolle eingesehen, dann war
seine Schrift unmöglich. Jetzt verbietet ihm
seine Eigenliebe anscheinend, von seinem Trrwege zurückzukommen
. Er muss nun alle Beweiss für die Echtheit der
Frau Rothe mit dem kümmerlich aus den Urteilen von Ignoranten
zusammengelesenen Zeugnissmaterial zu bekämpfen
suchen, da er selbst keine Aussicht mehr hat, an einer
Äöffte-Sitzung Theil zu nehmen. Das ist die gegenwärtige
Sachlage. Die Ruhe und Gleicbgiltigkeit des Herrn Jentsch
und der Frau Rothe bei seinem Schaum spritzen versetzt ihn
anscheinend in Leidenschaft, in welcher er das geistige
Gleichgewicht verloren hat. —
Unter diesen Umständen erlaube ich mir zur Lösung
der Frage den Lesern der Psych. Stud. einen Vorschlag
zu unterbreiten. Es sind mehrfach Anfragen an mich gekommen
, ob ich nicht Frau Rothe zu einer weiteren Prüf-
ungssitzung vor einer wissen schaftlichen
Kommission veranlassen wolle. Diese Anfragen scheinen
mir von irrigen Voraussetzungen auszugehen. Um eine
Prüfungssitzung handelt es sich nicht mehr; Frau R. ist
mehr als genügend geprüft und als echtes
Medium erwiesen, daran ist nicht mehr zu
rütteln. Es handelt sich lediglich darum, dass die That-
sachen, welche die sämtlichen bei ihr entwickelten medialen
Phasen uns bieten, weder der spirztualistischen
Bewegung, noch der Wissenschaft verloren
gehen. Für beides ist aber Gefahr vorhanden, für die
spiritistische Bewegung von Seiten des Geistersports, für
die Wissenschaft von Seiten der Scheinwissenschaft, welche
das Medium vor der Beobachtung durch Verunglimpfung
zum Experiment unbrauchbar
m acht.*) Es ist nun meine seit 15 Jahren feststehende
Ueberzeugung, die ich auch vor 2 Jahren wieder dem verstorbenen
Vorsitzenden der S. P. RM der mich in London
besuchte, aussprach, dass einer der Fehler in der Arbeitsweise
dieser sonst so verdienstvollen Gesellschaft der war,
dass man sich nicht entschliessen konnte, mit Berufs-
medien zu experimentieren. Man mag über ßerufsmedium-
schaft denken, wie man will, so viel ist gewiss, dass auf
jenem Wege der englischen Gesellschaft eine Menge wertvollen
Thatsachenmaterials entgangen ist. Der fleissige
Sekretär des russischen Zweiges, Herr Petrovo-Solovovo, hat
*) In diesem wichtigen Punkt muss ich dem Herrn V erf ♦ zustimmen! Maier,
*
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