Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
28. Jahrgang.1901
Seite: 162
(PDF, 194 MB)
Bibliographische Information
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162 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 8. Heft. (März 1901.)

schaft weit entfernt ist, jedem ihrer Mitglieder das Recht
auf das Leben zu verbürgen und vielmehr nur die Pflicht
zu sterben (im Kriege) fordert. (Sehr richtig! — Red.)

Weniger leicht als die Rechtsfrage ist es zu entscheiden,
ob der Selbstmord eine unvernünftige, unsittliche und feige
Handlung ist Bei der Frage nach der Vernünftigkeit der
Selbsttötung kommt es natürlich sehr auf die Weltanschauung
an, die man vertritt. Während sich vom materialistischen
Standpunkt aus, wenn er zugleich nur ein halbwegs pessimistischer
ist, schlechterdings nichts Vernünftigeres denken
lässt, als möglichst baldige Selbstentleibung, wird dieselbe
von jedem anderen Standpunkt aus mehr oder weniger unvernünftig
erscheinen. So muss z. B. Schopenhauer, so wohlwollend
er sonst dem Selbstmord gegenübersteht, als Pautheist
sagen, dass die Selbsttötung der Erreichung des höchsten
moralischen Zieles entgegenstehe, indem sie der wirklichen
Erlösung aus dieser Welt eine blos scheinbare unterschiebe.
Bei der Erlösung handle es sich um Verneinung des Willens,
während der Selbstmord ein Phänomen starker Willensbejahung
sei: der Selbstmörder wolle das Leben und sei
blos mit den Bedingungen unzufrieden, unter denen es ihm
geworden.

Auch vom Standpunkt des metaphysischen Individualismus
aus, der uns am meisten interessirt, muss der
Selbstmord im Allgemeinen als unvernünftig erscheinen,
weil das Leben mit seinen Kämpfen und Leiden von diesem
Standpunkt aus als ein Mittel zu einem transscendenten
Zweck angesehen werden muss und daher thunlichst verlängert
werden sollte. Ich sage: der Selbstmord muss nach
unserer irdischen Auffassung unvernünftig erscheinen;
denn das transscendentale Subjekt ist eben — vorausgesetzt,
dass die Selbstverordnung des Lebens sich auch auf dessen
Ende bezieht, — offenbar anderer Ansicht.

Dass es dem transscendentalen Subjekt keineswegs immer,
ja vielmehr nur höchst selten um eine lange währende irdische
Verkörperung zu thun ist, muss man meiner Meinung nach
daraus schliessen, dass die allermeisten Menschen (mehr
oder weniger unbewusste! — Red.) Selbstmörder sind,
wenn man diesen Begriff etwas weiter fasst und darunter
auch Jene versteht, welche ihrem Leben durch eine verkehrte
Lebensweise (falsche Diät, Genuss von Alkohol und Narkotika,
geschlechtliche Exzesse, Aufenthalt in schlechter Luft, schädliche
Beschäftigung u. s. w.) ein irühzeitiges Ende setzen.
Während der Mensch sicherlich über 100 (nach Hufeland
200) Jahre alt werden könnte, haben wir unter 3000 Menschen
nur einen Neunzigjährigen und beträgt das durchschnittliche


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