Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
28. Jahrgang.1901
Seite: 168
(PDF, 194 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0176
1G8 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 8. lieft. (März 1901.)

Wenn man aber vom physiologischen Prozess auch ganz
absehen wollte, könnte der Selbstmörder doch nicht feige
genannt werden, weil der im Leben Ausharrende um kein
Haar tapferer ist. Da es nämlich ganz unmöglich ist, dass der
Mensch gegen sein eigenes Interesse handelt (? — Red.), muss
er von zwei Ueb^ln stets das kleinere wühlen; und dieses ist
eben im einen Falle der Selbstmord, im anderen der Kampf
mit dem Leben. Dem angeblich tapferem Kämpfer erscheint
der Selbstmord als das grössere Uebel, weil er sich vor dem
Tode fürchtet, oder weil er überzeugt ist, dass der Selbstmörder
seinen Schritt im jenseitigen Leben sehr zu bereuen
hat, oder weil er sonst nicht wagt, gegen die Stimme seines
Gewissens zu handeln. —

Aus diesen meinen Darlegungen geht ohne Weiteres
hervor, warum ich von der Ansicht Fr. Unger's, nach welcher
„wir den Selbstmord für die grösste Lästerung auf Mensch
und Erde ansehen müssen, die sich denken lässt," sehr weit
entfernt bin,. Jedenfalls halte ich eine irgend wie verallgemeinernde
Verurtheilung des Selbstmordes für durchaus
unstatthaft, weil die Umstände, die zu ihm führen, so ausserordentlich
verschieden sein können.

Pasing bei München, im Januar 1901.

Prof. a. D. Dr. M Seilimg*)

die, wenn es sein muss, von jeher auch bereit waren, wie ein Sakrales und
ein Jesus für ihre Ueberzeugung ihr physisches Leben zu lassen, und die
Aufopferungsfähigkeit der so zahlreichen stillen Dulderinnen, die lediglich
du'ch ein stark ausgeprägtes Pflichtgefühl die Kraft linden, im schweren
Kampf mit Augenblicksimpulsen und mit scheinbaren Interessen die denkbar
grossten physischen und moralischen Leiden zu ertragen, über ieden Verdacht
selbstsüchtiger Motive erhaben zu sein. Dass aber der aut einer höheren Warte
philosophischer Betrachtung stehende ßeurtheiler, auch wenn er den Selbstmord
, wenigstens in der Mehrzahl der Fälle, mit Schopenhnue) für mindestens
thöricht, weil übereilt hält, nach dem schönen Grundsatz: alles verstehen,
heisst alles verzeihen", niemals den Stab über den Selbstmord er brechen
wird, habe ich 1. c. ebenso unzweideutig ausgesprochen, als ich vor Selbstmord
eindringlich zu warnt'u schon deshalb für di<* Pflicht jedes Denkers
und jedes wahren Volksfreunds halte, weil heutzutage die materialistische
Tagesmeinung dem unter der Last schwerer Entbehrungen seufzenden Arbeiterstand
den ohne Zweifel irrigen Gedanken, dass mit dem Tode Alles aus sei,
so nahe legt und dadurch das instinktive Gefühl der moralischen
Verantwortlichkeit füi Handlungen, die im Diesseits
vielleicht keine Sühne finden, in den weitesten Kreisen immer mehr abstumpft
. — Dr. F. Maier.

*) Mit Obigem dürfen wir wohl die Debatte über dieses Thema in
den „Psych. Smd." vorerst für geschlossen erklären. — Red.

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