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Psychische Studien.
Monatliche Zeitschrift,
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene
des Seelenlebens gewidmet.
28. Jahrg- Monat April 1901.
I. Abtheilung.
Historisches und Experimentelles*
Gustav Theodor Fechner,
(Mit Bildniss des Verewigten.)
Von Dr H. Wernekke.
Um bei der hundertsten Wiederkehr von Fechner's
Geburtstag das Interesse, das sich in neuerer Zeit unverkennbar
für ihn geregt hat, in weiteren Kreisen zu erwecken,
will es nicht überflüssig scheinen, einem Abrisse seiner
Gedankenarbeit eine kurze Lebensskizze vorauszuschicken.*)
An der Grenze der Ober- und Niederlausitz liegt unweit
Muskau, auf ehemals kursächsischem Gebiete, das Dorf
Grosssärchen. Dort wurde am Sonntag, dem 19. April 1801,
Gustav Theodor Fechner geboren, im Pfarrhause, wo schon
sein Grossvater gewaltet hatte. Der Vater blieb ihm nur bis
1800; aber so frühzeitig begann er den Unterricht seiner
beiden Knaben, dass sie im vierten Lebensjahre lateinisch
fast so gut wie deutsch sprachen; dauernder Besitz ward
es ihnen freilich nicht. Die Mutter, eine geborene Fischer,
ebenfalls aus einer Pfarrersfamilie, zog nach des Gatten
Tod nach Triebe!; die Kinder kamen auf mehrere Jahre
zum Onkel Fischer in Ranis bei Pössneck. Dann besuchte
Theodor das Gymnasium erst in Sorau, hierauf in Dresden, und
studirte ebenda einige Zeit auf der chirurgisch-medicinischen
Akademie und von 1838 an in Leipzig. Obgleich er in der
*) Die Bücher von Kurd Lasswilz: G. Th. Fechner (Stuttgart 1896)
und von ./. E. Runtzei G. Th. Fechner. Ein deutsches Gelehrtenleben
(Leipzig 1892) geben ausführlichere Darstellungen. In dem letzteren, von
einem Neffen Fechner'* geschrieben, ist besonders anziehend die Schilderang
des äusseren Lebensganges und persönlichen Verkehrs, während die Würdigung
von F.'s Geistesarbeit durch eine gewisse Befangenheit des Urtheils beeinträchtigt
wird.
lVyoiibohe Studien April 1»01. 13
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