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Reichel: Brockhaus' Konversations-Lexikon etc. 221
Klinik von Charcot experimentell die Existenz des animalischen
Magnetismus erwiesen, und sein Galvanometer, der die
magnetische Ausströmung des Menschen durch Ablenkung
der Nadel sichtbar zeigt, beweist zugleich, dass der Wille
des Agenten über diese Odquelle disponirt, sie regelt, erregt,
verstärkt und unterbricht. Dr. du Prel*) sagt: Der zufällige
Umstand, dass ein Arzt, Mesmer, den animalischen Magnetismus
entdeckte, hat veranlasst, dass er zunächst in seinen
organischen Wirkungen, also als Zweig der Heilkunde, in
Betracht gezogen wurde. Hier liegen aber complicirte Verhältnisse
vor, daher der endlose Streit mit der officiellen
Heilkunde erklärlich ist. Durch Reichenbach wurde die
Untersuchung auf das Gebiet der Physik übertragen, wo
die Beweise weniger Einwürfen ausgesetzt sind. Zusammenfassend
lasst sich heute behaupten, dass die Existenz des
animalischen Magnetismus heute bewiesen ist, 1) durch die
physiologischen Veränderungen im Körper eines kranken
Recipienten, 2) durch die damit verbundenen Lichtphänomene:
Sensitive sehen das odische Leuchten wachend in der Dunkelkammer
, Somnambule im Schlaf auch ohne Dunkelkammer,
3) durch verschiedene Bewegungsphänomene, welche die
odische Ausstrahlung leistet, z. B. Ablenkung der Magnetnadel
u. s. w., 4) durch chemische Veränderungen auf der
photographischen Platte; aber, als ob nichts geschehen wäre,
hört man noch immer Stimmen, die den Magnetismus leugnen.
Unter den Aerzten schwätzt es einer dem anderen besinnungslos
nach, dass die Wirkungen des Magnetismus nur Wirkungen
der Suggestion seien; nicht durch Mittheilung fremder Lebenskraft
werde der Kranke geheilt, sondern durch Suggestion
oder Autosuggestion. Dieser Einwurf ist nun aber von ganz
besonderer Bornirtheit, denn die Suggestion, die ich einem
Patienten gebe, ist eine Gelnrnvorstellung und weiter nichts.
Eine Heilung kann diese blosse Vorstellung nicht als solche
bewirken, sondern nur in dem einen Fall, wenn das Gehirn
des Empfängers eine Summe von Lebenskraft zur Verfügung
hat, die nach dem von der Suggestion bezeichneten kranken
Körpertheil gelenkt wird. Bei der mesraerischen Heilung
wird also die Lebenskraft des Magnetismus einem fremden
Organismus mitgetheilt; bei der suggestiven Heilung wird
der Magnetismus des Kranken selbst in Bewegung gesetzt
und nach dem Krankheitssitze geleitet. Wer aber behauptet,
die blosse Gehirnvorstellung könne heilen, ohne vermittelnde
Kraft zwischen Gehirn und Krankheitssitz, der behauptet
*) du Preli rDer Tod, das Jenseits u. s. w/* Münden 1889, Selbst-
Verlag, pag 21.
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