http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0276
Maier: Der Spiritismus vor Gerieht.
267
schrofferer Form erhoben. Frhr. v. Erhardt sandte ein
Exemplar dieses Buches an das Generalcommando des
siebenten Armeecorps. Nach zweimonatlichem unangefochtenen
Ausliegen im Buchhandel wurde das Buch von der
Behörde beschlagnahmt und von dem vorgesetzten Divisions-
Gommandeur des Ehrenraths, Generallieutenant v. Funck,
gegen Frhrn. v. Erhardt wegen Beleidigung des genannten
Ehrenrathes, auf Grund der §§ 185 und 186 des Strafgesetzbuches
, der Strafantrag gestellt. Da sich Erhr. von
Erhardt seiner Gesundheit wegen sehr lange im Süden aufgehalten
hat, so gelangte die Angelegenheit erst jetzt zur
Verhandlung. — Frhr* Leon v. Erhardt ist 1847 zu Mustin in
Mecklenburg geboren und evangelischer Konfession. Er ist
1866 als Fähnrich in das 6. Dragoner-Regiment eingetreten
und hat sowohl den Feldzug gegen Oesterreich, als auch
den gegen Frankreich als Offizier mitgemacht. Er hat sich
wegen Tapferkeit vor dem Feinde das Eiserne Kreuz erworben
. Schon Anfang der 1870 er Jahre wurde v. Erhardt
zum Rittmeister und Escadronchef ernannt. Als ihm der
Offizierstitel und d^?s Recht, Uniform zu tragen, entzogen
wurde, beliess ihm der Kaiser in Gnaden das Eiserne Kreuz.
Frhr. v. Erhardt stellte jedoch dem Kaiser das eiserne Kreuz
in einer Immediat-Eingabe zur Verfügung, „da er nicht
Gnade, sondern sein Recht haben wolle." Im Jahre 1881
nahm v. Erhardt als Rittmeister seinen Abschied, widmete
sich in Düsseldorf der Malerei und war Vorsitzender der
hiesigen „Psychologischen Gesellschaft." Er ist ausserdem
vielfach schriftstellerisch thätig gewesen. —
Zu Beginn der heutigen Verhandlung werden zunächst
die inkriminirten Stellen des Buches verlesen. Im Vorwort
desselben heisst es u> A.: „Ich fühle mich nicht beleidigt,
weil man mich zum Verlust meines Titels verurtheilt hat.
Nicht der Titel, sondern das sittliche Handeln und Wollen
spricht für den Charakter des Menschen. Einen Titel kann
jeder Narr, jeder Lump erhalten, wenn er sich nur der
augenblicklich herrschenden Strömung anzupassen weiss.
Ich bin aber durch das Urtheil des Ehrenraths vor der
ganzen Nation, ja vor der ganzen Menschheit beschimpft."
Im Weiteren wird in dem Buche unter eingehendster Begründung
der Nachweis zu führen gesucht, dass der Ehrenrath
das Verhalten des Dr. Ewers in der hiesigen (spiritistischen
) „Psychologischen Gesellschaft" nur oberflächlich
geprüft habe, sonst hätte er zu der Ueberzeugung kommen
müssen, dass Dr. Ewers sich der Täuschung und des Ehrenwortbruchs
schuldig gemacht habe, mithin nicht satisfaktionsfähig
gewesen sei. Aus der Verlesung geht u. A. hervor,
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0276