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Maier: Der Spiritismus vor Gericht
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Freiherr v. Erhardt: Er müsse sich ganz entschieden
dagegen verwahren, hier gewissermassen als Narr hingestellt
zu werden. In seinem Alter treibe man keine Narre-
theien mehr. Er müsse es als unerhört bezeichnen, dass
man in der Weise, wie es geschehen, über den Spiritismus
aburtheile, für den doch eine Reihe hervorragender Wissenschaftler
eingetreten sei. Er sei ein alter Soldat, er habe
zwei Feldzüge mitgemacht, er habe aber die Ueberzeugung
gewonnen, es sei leichter gegen feindliche Armeen
zu reiten, als die ö f f e n 11 i ch e M e i n u n g
von der Wahrheit des Spiritismus zu überzeugen
. Allein die Welt schreite vorwärts, und was
nicht ist, werde werden. Er müsse es zurückweisen, dass
er mit Selbstüberhebung und Hochmuth gehandelt habe.
Er habe sich den Kampf für den Spiritismus zur Lebensaufgabe
gemacht, obwohl er dies nicht nöthig habe. Er
handle aus durchaus edlen Beweggründen, da er die Ueberzeugung
habe, dass die Bahn, die jetzt die Menschheit
wandle, in den Abgrund führe. Der nächste psychologische
Kongress werde es bewirken, dass
der Spiritismus als sittliche Wahrheit anerkannt
werde. — v. Erhardt sucht im Weiteren den
Nachweis zu führen, dass Dr. Ewers ehrenwortbrüchig gehandelt
und dass der Ehrenrath sein Urtheil unter Ausser-
achtlassung dieses Umstandes gegen ihn gefällt habe. Dadurch
sei er und seine früheren Mitangeklagten heimatbslos
gemacht, ihre Familien zerrissen und genöthigt worden
, ausser Landes zu gehen. —
Der Vertheidiger bezeichnet den Freiherrn v. Erhardt
als Idealisten im besten Sinne des Wortes, der unfähig ist,
etwas Unrechtes zu begehen. Er (Vertheidiger) enthalte
sich jeden Urtheils über den Spiritismus, da er sich mit
demselben noch niemals beschäftigt habe und auch nicht
zu beschäftigen gedenke. Er halte es aber für unangebracht,
ohne das Wesen des Spiritismus zu kennen,
zu sagen: Freiherr v. Erhardt habe seine Zeit mit Nichtigkeiten
verbracht. — Der Vertheidiger weist im Weiteren darauf
hin, dass der Ehrenrath sein Urtheil abgegeben habe,
ohne zu prüfen, dass Dr. Ewers sich des Ehrenwortbruches
schuldig gemacht habe. Es sei jedenfalls vollständig ungerechtfertigt
gewesen, anzunehmen, dass Dr. Ewers „leichtfertig
" sein Ehrenwort gegeben habe; denn es handelte sich
für die Mitglieder der „Psychologischen Gesellschaft" um
eine sehr ernste Sache, das heisst, um eine neue Weltanschauung
, auf Grund deren der Unsterblichkeitsglaube
eine Stärkung erhalten sollte. Der Vertheidiger sucht ferner
Psychische Studien. Mai 1901. 18
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