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284 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1901.)
Da nach der äusserst vorsichtigen Form, in welcher
diese einzige mir zu Gebot stehende amtliche Urkunde sich
über die Todesursache äussert, wie ich gleich vermuthete,
noch keineswegs jeder Zweifel darüber ausgeschlossen erscheint
, ob nicht die nächsten Angehörigen selbst seiner
Zeit aus Schonung absichtlich im Dunkel gelassen wurden,
so halte ich es der Vollständigkeit halber für angezeigt,
auch noch das Schreiben zum Abdruck zu bringen, in
welchem Herr Reichel, der diese Recherchen ganz aus
eigenem Antrieb anstellte, meine ihm damals geäusserten
Bedenken zu beschwichtigen sucht. Er schreibt mir, dat.
Berlin, 25. März: „Sehr geehrter Herr Professor! Im Besitz
Ihrer werthen Zeiten habe ich mich seiner Zeit, als Sie
mir es auempfohlen, wohl an Dr. Wittig und Mutze direkt
gewandt. Herr Mutze antwortete — ich finde seine Antwort
nicht mehr — dass es von Werth wäre, wenn diese Sache
endlich einmal klargestellt werden würde, und empfahl mir,
mich an Heilenbachs Sohn — einen Offizier in Kroatien —
zu wenden; da er mir aber eine nähere Adresse nicht
angeben konnte, musste ich darauf verzichten. — Dr. Wittig,
mit dem ich noch jetzt freundschaftlichst korrespondire,
antwortete, dass auch ihm seiner Zeit bestimmte Gerüchte
zugegangen seien, dass sich H. in Folge grosser Spiel -
Verluste in Monte Carlo erschossen habe. Diese Gerüchte
sind mir seit langem ganz bekannt, aber ebenso habe ich
auch am eigenen Leibe erfahren, was solche Gerüchte oft
werth sind, und deshalb forschte ich weiter und wandte mich
an Heilenbach'* intime Freundin, Baronin Adelma v. Vay,
deren Einladung nach Schloss Gonobitz ich vor einigen
Jahren einmal folgte. Sie rieth mir, mich an Heilenbach's
Tochter, Gräfin Papadopoli in Venedig zu wen 1 en, was ich
that, worauf ich bereitwilligst Antwort von einer zweiten
Tochter, Baronne Gyzella Heilenbach, erhielt, die ich Ihnen
im Original einsandte,---
Ich habe an der ganzen Sache, die mir schon so viel
Schreiberei gemacht hat, kein Interesse weiter, als das,
einen Mann, dessen Schriften ich sehr verehre, von dem,
wie ich glaube, ungerechtfertigten Odium des Selbstmordes
zu befreien. Ich gebe ohne Weiteres zu, dass vieles für
Selbstmord spricht; aber ich weiss auch, was für Infamien
verbreitet werden, die dann von ganz Unschuldigen oft als
Wahrheit angesehen werden. — Ich bedauere jetzt, dass
ich mich, bei meiner Anwesenheit in Monte Carlo vor drei
Wochen, nicht persönlich bei der dortigen Behörde erkundigt
habe; jedenfalls kann ich doch nicht ehrlicher handeln, als
Ihnen die Originalcorrespondenzen seiner Familie einzusenden«
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