Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
28. Jahrgang.1901
Seite: 307
(PDF, 194 MB)
Bibliographische Information
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Wernekke: Ueber den wahrscheinlichen Ursprung etc. 307

Zweifellos hat es, so lange die Menschheit besteht,
Medien und Somnambulen gegeben — Personen mit supranormalen
Fähigkeiten. Mit solchen besonderen, ausser-
gewöhnlichen Fähigkeiten begabt waren die grossen Dichter,
Maler, Bildhauer, Musiker — alle mit schöpferischen An-
lagen ausgestattete Individuen. Sie sind gewissermaassen
Medien. Der Künstler gehorcht einem inneren unbewussten
Antriebe, einer Eingebung, indem er sein Meisterwerk hervorbringt
. Die Kunst kann daher eigentlich nicht gelehrt
werden; die Kunst, richtiger der Kunstsinn, ist angeboren,
es ist eine odische Eigenschaft eines Menschen, in der Weise
oder in dem Grade entwickelt, dass er für den fremden
höheren (geistigen) Einfluss empfänglich wird, der auf dem
Wege der Eingebung durch ihn das Kunstwerk bildet, das
dann die Welt bewundert. So hörte Mozart seine Tonschöpfungen
thatsächlich wie von einem Engelchor, ehe er
die Komposition niederschrieb. So sucht der begeisterte
Dichter nicht mühsam die Worte zusammen, die zu seinem
Metrum und zu seinem Keime passen; sie kommen von
selbst, durch Eingebung. Die künstlerische Komposition ist
also keine alltägliche Sache, keine normale Fähigkeit, sondern
nur in bevorzugten Fällen anzutreffen. Ebenso steht
es aber mit den Medien und Somnambulen. Sie
sind ebenfalls aussergewohnliche Individuen — mit trans-
scendentalen, nicht normalen Eigenschaften.

Die Existenz der künstlerischen Befähigung wird von
der Wissenschaft als Thatsache anerkannt, muss als solche
anerkannt werden, wenn auch ihr Ursprung nicht erklärt
werden kann. Die Wissenschaft kennt nur fünf Sinne des
Menschen, will selbst hypothetisch nicht mehr Sinne annehmen
, da sie beim normalen Menschen nicht zu beobachten
sind, sich nicht bethätigen. Dennoch sind sie vorhanden —
nur für gewöhnlich latent. Es könnte weder Künstler noch
Dichter, weder Medien noch Somnambule geben, wenn nicht
wenigstens noch ein sechster Sinn existirte, der im normalen
Menschen schlummert, bei aussergewöhnlichen Individuen
aber erwacht und sich so entfaltet, dass er als ein supranormales
Vermögen wirksam wird.

Derartige mit nicht-normalen Fähigkeiten ausgestattete
Individuen hat es, wenn auch vereinzelt, immer gegeben,
so lange der Mensch auf der Erde wandelt. Ihnen hat die
Menschheit die ersten Schritte auf dem Wege der Kultur
und ihren Fortschritt zu verdanken. Der Urmensch, da er
gleich den heutigen Wilden bei völligem Mangel aller elementaren
Kenntnisse selbst die einfachsten Erscheinungen
nicht zu erklären vermochte, schrieb alle Naturvorgänge

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