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Borinaim: Vorausschauen und Wahrsagen etc. 323
den Eintritt der bezüglichen Begebnisse als etwas Glückliches
, Bedenkliches, Gefährliches, kleineres oder grösseres
Leid entzifferte, so dass diese Typen für die Seherin nun
ein für alle Male ihren Sinn bekommen haben. Mit solchen
Typen knüpft sie an die ihr gestellten Fragen an oder sie
giebt ihrem spontanen Schauen selbst durch Hinzufügung
mancher Andeutungen und Gesichte die speziellere Bedeutung
. Sie pflegt dabei Menschen und Dinge oft mit den
Anfangsbuchstaben zu kennzeichnen und sie hat
wenigstens in der Reihe von Fällen, die ich beobachten
konnte, sich in der Bezeichnung der Personen dabei niemals
geirrt, so dass der Zufall, der bei dieser allgemeinen
Orientirung vielleicht manchem mitzuspielen scheint, mir
völlig ausgeschlossen ist. Fräulein E. war immer wach bei
ihren Gesichten und es ist ihr wacher Wille, mit dem
sie höchst energisch den Erfolg sogar zwingen zu können
behauptet; sie weiss in Folge dessen auch nachher ihre
Weissagungen, während bei Fräulein R. hernach fast
jede Erinnerung daran erlischt. So wird die schon von
Artemidorus im AlteHhum aufgestellte Unterscheidung
der theorematischen und sinnbildlichen Ferngesichte
von diesen beiden Seherinnen in trefflichen
Beispielen verdeutlicht.
Vollständig gebe ich aber du Prel darin Recht, dass
dieser Unterschied kein ursprünglicher sei, sondern erst
durch die Gehirnfunktion erzeugt werde;*) denn ursprünglich
sind sicherlich alle solche Gesichte das, was sie besagen,
nämlich anschauliche Bilder und nur indem dem Be-
wusstsein das astrale Schauen zurücktritt, kann es sich in jene
Zeichenschrift übertragen. Ob aber ein Lieblingsgedanke
du Prefs, das Eingreifen der Fremdsuggestion
beim Supernormalen, etwa auch uns den Weg zu
einer fruchtbaren Experimentalforschung für die zeitlichen
Ferngesichte weisen könnte? Man soll es an Versuchen
auch hier nicht fehlen lassen, nachdem ja du Prel ein
solches Experiment beim räumlich - zeitlichen Fernsehen
überraschend geglückt ist;**) allein überspannen soll man
seine Hoffnungen hierin nicht und ich bin noch immer der
Meinung, dass wenigstens das mit elementarer Triebkraft
ganz spontan ohne Fragen und Andeutungen entstandene
Ferngesicht Grösseres verspreche, als ein künstlich hervorgebrachtes
. Trotzdem ist es gar wohl denkbar, dass, wo
der elementare Antrieb aussetzt, man durch Fremdsuggestion
*) S. E. d. ö. II, 71.
**) fttud. II, S. 98 f.
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