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338 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1901.)
Die Mediumität der Fürstin Karadja.
Berichtet vom Red. Dr. Fr. Maier.
Die schwedische Prinzessin Karadja, über deren ausserordentliche
mediumistische Begabung und die dadurch
erzielten Identitätsbeweise wir bereits im Februar-
Heft er. S. 104 ff. Näheres mitgetheilt haben, giebt über
die inzwischen weiter erfolgten wichtigsten Vorkommnisse
im „Light" vom 12. April 1901 selbst die nachfolgenden
interessanten Aufschlüsse, die beweisen, wie hoch sie ihre
Aufgabe auffasst: „In einem Artikel des „Light" vom vorigen
11. August erzählte ich, wie ein von mir automatisch
ausgeführtes Pastellbild als das Porträt der f Frau Georges
Larsen von Kopenhagen wieder erkannt wurde. Seither sind
mehrere ähnliche Fälle vorgekommen. Morel Bey und seine
Gattin (von der türkischen Gesandtschaft in Berlin) identi-
üzirten eine von mir ebenso gemachte Zeichnung als das
Porträt des verstorbenen türkischen Gesandten am Hof von
St.-James, Rüstern Pascha. Ich war diesem Herrn nur ein
einziges Mal vor 11 Jahren begegnet und erinnerte mich
seiner durchaus nicht mehr.
Als die Gräfin Moltke, eine deutsche Dame, mit der
ich überhaupt niemals zusammen gewesen war, von diesem
Fall sprechen hörte, richtete sie an mich die schriftliche
Bitte, ob es mir nicht möglich wäre, das Porträt ihres
Vaters zu erhalten. Ich antwortete, ich würde es gern
versuchen, wenn sie zu einer bestimmten Stunde ihre Gedanken
auf mich konzentriren wolle; ich sei indes keineswegs
sicher, ob es mir gelingen werde. Ich zeichnete nun in der
verabredeten Stunde eine ganz eigenthümliehe Figur. Die
Gräfin Moltke kam nach Stockholm, um mich zu besuchen.
Das Bild stellte ihren Vater so dar, wie er in seiner Jugend
aussah, 20 Jahre, ehe ich geboren wurde.*)
Ganz kürzlich wohnte ich auf der Durchreise in Berlin
einer sehr interessanten Sitzung mit dem Blumenmedium
Frau Anna Rothe bei, worüber im „Light" ein Bericht bereits
erschienen ist. Einige Tage nachher suchte sie mich auf,
um meine Zeichnungen zu sehen, und war in hohem Grade
überrascht, unter ihnen das Bild ihrer vor etwa fünf Jahren
gestorbenen Tochter zu finden. Diese Zeichnung war schon
am 1. August 1900 von mir gemacht worden. Frau Rothe
*) JDass hierbei eine unbewusstc Eückerinnorung an ein
von der Fürstin irgendwo einmal gesehenes Jugendbild Molfhe'*,
ohne dass 4e *ich selbst dessen heute noch bewusst wäre, vorliegen
kann, liegt für den Kundigen auf der Hand. —- Eed.
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