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Duboc: Vom Okkultismus.
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einer gewonnenen Einsicht nicht entfernt die Rede sein kann.
Nur die Thatsachen selbst lassen sich in den meisten Fällen
nicht bestreiten, und das ist ja immerhin, der Nebelregion
des Zweifels gegenüber, ein Portschritt. Der Raum dieses
Artikels gestattet es nicht, auf Einzelheiten einzugehen.
Eine summarische Betrachtung möge daher genügen.
Von den am unzweifelhaftesten konstatirten auffälligen
Thatsachen kommt ein besonders gewichtiger Theil, wie
die spontane, unabhängig von materieller Berührung erfolgende
Selbstbewegung von Gegenständen, der Physik und Biologie
zu Gute. Physiker und Biologen widmen daher auch dieser
Seite des Okkultismus eine besondere Aufmerksamkeit.
0. Lodge, Professor der Physik an der Universität Liverpool,
fasste in einem raisonnirenden Artikel sein Urtheil über die
Bewegungs- und verwandte Phänomene dahin zusammen:
jedenfalls scheine eine Erweiterung der anerkannten Gesetze
der Biologie vorzuliegen. Es seien die vorausgeworfenen
Schatten einer Masse neuen Wissens, die ersten Stufen eines
grossen Wissensgebäudes; - das Bedürfniss der Zukunft sei
ein psychisches Laboratorium. — Ein anderer Theil der
Thatsachen, namentlich das ganze, grosse Gebiet der Telepathie
(Pernwirkung), sowohl als Gedankenübertragung
wie in der Form von Hallucinationen telepathischen Ursprungs
(zu unterscheiden von Sinnes-Hallucinationen), und das Vorhandensein
aussernormaler Erkenntnissquellen fällt der
Psychologie, beziehentlich Seelenkunde, anheim und eröffnet
derselben neue Gesichtspunkte, die sich vielleicht später
einmal fruchtbar erweisen werden. Am unergiebigsten gestaltet
sich das neu erschlossene Gebiet gerade da, wo ihm
am meisten Aufschluss zugetraut und abverlangt wurde, da,
wo es darauf ankam, für die mehr oder weniger in ihrem
Ansehen erschütterten religiösen Annahmen und Vorstellungen
einen Ersatz zu"1 schaffen. Dieser Ersatz konnte möglicher
Weise in einer Bekräftigung und Bestätigung der religiösen,
namentlich natürlich der christlich-religiösen Vorstellungswelt
in ihren hauptsächlichsten Grundlehren, wie der Unsterblichkeit
, der Vergeltung u. s. w. durch experimentell
erhärtete Manifestationen aus einer Geisterwelt oder in einer
neu erbauten Metaphysik bestehen. Man wird aber zugeben
müssen, dass das Resultat aller dahin zielenden Bestrebungen,
nachdem jetzt eine Reihe von Jahren darüber vergangen ist,
fast gleich Null geblieben ist. Ein so gewiegter und gewissenhafter
und unermüdlicher Forscher wie Crookes, der Jahre
seines Lebens daran gesetzt hat, um den Dingen auf den
Grund zu kommen, hat doch kein anderes Ergebniss erzielt,
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