Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
28. Jahrgang.1901
Seite: 362
(PDF, 194 MB)
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362 Psychische »Studien. XXVIII. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1901.)

und Geschick ringen? Und dabei ist seine Bildung noch so
jung, so morgenjung, zum grössten Theile nur vierteis-,
nur halb vollendet!

Ich will hier keine in der Frauenbewegung berühmt
gewordene Namen nennen, da kann ja jeder selbst nachsehen;
aber ich kann nicht umhin zu bemerken, dass mir z. B. aus
dem „Frauenbuche" der Frau Dr. med, Adams so ein
rechter Morgenhauch einer neuen Zeit entgegen wehte, und
dass es mir viel mehr Geist zu enthalten scheint als die
erwähnte Arbeit ihres Kollegen „Ueber den physiologischen
Schwachsinn des Weibes."

Unser Weib, wo es überhaupt Bildung erhält, bekommt
von allem ein wenig: ein wenig bildende Kunst, ein wenig
Musik, ein wenig Sprachen, ein wenig dies und ein wenig das,
aber selten etwas Gründliches, wie es der Mann schon die
Jahrtausende daher erhalten hat. Die Volksschule ist hier
freilich gar nicht mitzurechnen; denn davon bleibt ausser den
elementarsten Grundlagen aller Bildung (Lesen, Schreiben,
Bechnen) nicht viel zurück, auch beim Manne nicht, der
sogar noch drei Jahre nachher eine Fortbildungsschule
besucht hat.

Bildung aber, das wird wohl niemand abstreiten, muss
auch das Genie haben, sonst wäre es ein Gefäss ohne
Inhalt. Echte Kunst — um einmal recht derb zu sein —
lässt sich nicht „aus den Aermeln schütteln." Dass die
Künste jedem zugänglich sind, macht noch lange nicht einen
Künstler; dazu gehört Arbeit und durch Fleiss erworbene
höhere Bildung. Mit der Produktionskraft muss sich eben
die Rezeptionskraft innig verbinden. Ja, wie können wir
uns Goethe denken, ohne sein umfassendes Wissen, das er
sich durch fleissiges Studium angeeignet hat? So waren alle
grossen Meister, Maler, Bildhauer, Dichter, Musiker u. 8. w.
mehr oder weniger „gebildet11; eine strenge Schule hat sie
vorbereitet, sie haben sich auch um andere Dinge, „so da
nützlich zu lesen sind," gekümmert, und die Verarbeitung
des in ihrem Kopf aufgespeicherten Wissensstoffes giebt eben
ihren Werken einen so tiefen Gehalt.

Dagegen will mir scheinen, als ob dem Gros unserer
Künstler eben diese Bildung fehle, deren Mangel ihre
Arbeiten oft so oberflächlich erscheinen lässt. Es läuft
darin so vieles darauf hinaus, was man ein „verbummeltes
Genie" nennt im eigentlichsten Sinne dieses Ausdrucks.
Solche Typen aber treffen wir oft auch unter den Frauen;
man sieht es ihnen deutlich an, es fehlt ihnen an Gründlichkeit
, ihr Werk ist nur halb fertig, es ist in der „Idee"


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