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Die Curie-Strahlen.
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und nach circa acht Tagen zeigt sich auf der entwickelten
Platte eine deutliche Beeinflussung durch Lichtstrahlen. Der
französische Physiker Becquerel, der Entdecker der üran-
strahlung, hat sich längere Zeit ohne sonderlichen Erfolg
mit der Ergründung ihrer Gesetze beschäftigt; nach ihm
werden diese Strahlen auch häufig Becquerel-StYaMen genannt.
Letzthin wurde nun von dem Ehepaar Curie in Paris die
bedeutsame Entdeckung gemacht, dass in der Joachimsthaler
Pechblende Substanzen enthalten sind, welche in viel intensiverem
Grade ähnliche Strahlungen herbeiführen. Frau
Skladoroska-Curie war im Stande, die Strahlen aussendenden
Substanzen auf chemischem Wege aus den Rohstoffen zu
gewinnen; sie erhielt hierbei anscheinend zwei neue Elemente,
welche den Namen Polenium, respektive Radium erhalten
haben und in dem sonstigen chemischen Verhalten von
Wismuth und Barium kaum zu unterscheiden sind. Man
nennt diese beiden räthselhaften Stoffe „radioaktiv44 und die
von ihnen ausgehenden Strahlen Cwm-Strahlen, die sich aber
höchstwahrscheinlich nur durch die Quantität der Wirkung
von den früher ermähnten Becquerel-Strahlen unterscheiden.
Dieser Unterschied ist freilich sehr wichtig, da dadurch erst
exakte und messende Beobachtungen möglich wurden,*)
In Deutschland wurden die Versuche mit radioaktiven
Substanzen von Dr. Giesel in Braunschweig aufgenommen,
und zwar geschah die Gewinnung des Radiums aus grossen
Erzmengen, welche zu diesem Zwecke verarbeitet wurden.
Allerdings konnten trotzdem die Versuche immer nur in
ziemlich bescheidenem Masse ausgeführt werden, da die
Ausbeute bei der Gewinnung annähernd reinen Radiums nur
eine verschwindend geringe ist. Die radioaktiven Substanzen
werden von den chemischen Fabriken für circa zehn Mark
pro Gramm in den Handel gebracht; bei der Umkrystallisirung
verbleiben circa zwei Prozent. Der Preis des Radiums übersteigt
also vorläufig den der Diamanten und dürfte auf
500 Mark pro Gramm angegeben werden können.
Die Experimente, welche sich mit reinem Radium ausführen
lassen, sind nun höchst überraschender Natur. Dieselben
zeigen theils eine grosse Aehnlichkeit, theils aber auch eine
wesentliche Verschiedenheit der Eigenschaften der Röntgen-
Strahlen. Es seien hier die folgenden angegeben:
*) Vergl. hieroi „Psych. Stiid." 1900, Febr.-Ileft S.117 ff. „Ein neues
Wunderliche, wonach der Physiker R. Curie das eine dieser beiden
neu aufgefundenen Elemente wegen seiner Fähigkeit, Strahlen auszusenden
, yliadium", das andere zu Ehren seiner polnischen Gemahlin
„Klodowskau galanter Weise „Polonium" getauft hätte. — ß»ed.
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