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382 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1901.)
tümlichkeiten der scheinbaren Bewegung der einzelnen Planeten und
die Charaktereigenschaften, welche die griechisch-römische Mythologie
den Gottheiten beilegt, deren Namen sie tragen, in Parallele
zu stellen, so drängt sich die Frage auf, ob diese Betrachtung auch
zutreffend wäre für die älteren Benennungen der Gestirne bei den
asiatischen Völkern, insbesondere Indern, Babyloniern, Ghaldäern;
und doch würde nur in diesem Falle die Bolle erklärt sein, die sie
in der Astrologie spielen. Immerhin wi**d man mit Interesse die
Skizze lesen, die von dem Fortschreiten der Astrologie und von
ihrem Verfall im 17. Jahrhundert gegeben wird, mit besonderem
Hinweis auf Kepler (bezüglich dessen übrigens nach Norbert Herz
„die Behauptung nicht erwiesen ist, dass er am Ende seines Lebens
die Astrologie völlig verliess"). Man wird auch zugeben, dass von
einer verhängnissvollen Verbindung der Himmelskunde mit der
Weissagung ebenso zutreffend gesprochen werden darf, wie von den
kulturfeindlichen Sophismen, im Kampfe der Nationen und der
Rassen, die sich auf die missverstandene Lehre vom Kampf ums
Dasein berufen; aber man wird fragen dürfen, ob eine Lehre, weil
sie missverstanden oder missbri'ucht worden ist, notwendig eine Irrlehre
sein muss.
Jlaberkalt, Carl. Der kommende Mensch Neue Ausblicke auf
die Zukunft des Menschen. Leipzig 1901. Emst Günther1* Verlag.
(145 S.) 2 Mark.
Die von Kapp in seiner „Philosophie der Technik" aufgestellten
Ansichten sind von du lJrel in seiner ansprechenden, scharfsinnigen
Weise entwickelt worden zu einer Lehre von den Wechselbeziehungen
zwischen den natürlichen Organen des Menschen und den von ihm
erfundenen Werkzeugen und Maschinen. Sind die letzteren, soweit
sie alten und ältesten Ursprunges sind, als Organprojektionen
anzusehen, d. h. als Einrichtungen, denen unbewusst die gleichen
physikalischen Principien zu Grunde gelegt sind, wie sie sich in
unseren Sinnes- und Bewegungswerkzeugen wissenschaftlich nachweisen
lassen, so darf in den neueren und neuesten Erfindungen die
Verwirklichung von Principjen gesehen werden, die ebenfalls den
Funktionen organisierter Wesen zu Grunde liegen, obwohl dies von
der Naturwissenschaft noch nicht hat nachgewiesen werden können.
Die mit solchen Fähigkeiten ausgestatteten Lebewesen hat du Prel
in seinem Buche über „die Planetenbewohnertf auf anderen Weltkörpern
suchen zu müssen geglaubt; der Verf. der vorliegenden
Schrift versetzt sie nicht in einen anderen Baum, sondern in eine
spätere Zeit. Er meint also, an der Hand der Entwicklungslehre
sei anzunehmen, dass der Mensch für die Wahrnehmung chemischer
Qualitäten, elektrischer, magnetischer, odischer Strömungen, wozu
er jetzt Spektroskop, Galvanometer und dergleichen mechanische
Vorrichtungen braucht, dereinst besondere Sinne entwickeln werde,
dass er, nach Massgabe der Telegraphie ohne Draht, dereinst zu
Fernewirkungen befähigt sein werde, ohne ein materielles Verbindungsglied
oder Zwischen mittel zu bedürfen, sodass die jetzt als
supernormal bezeichneten Leistungen für ihn zu normalen geworden
wären. Der Kern aller biologischen Veränderungen sei demnach
„Steigerung der Organisation und des Bewusstseins: die erstere erfolgt
durch eine weitere Differenzierung der Sinnesorgane, die letztere
in der Weise, dass durch die stetige Verschiebung der Empfindungs-
schwelle das zum Bewusstsein kommende Weltstück immer grösser,
die Beziehung zu der umgebenden Natur immer inniger, der Kreis
der Erfahrungen immei weiter wird/ Die Frage, welche laut Vor-
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