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Eusapia Paladino in Genua.
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zum Arme von Nr. 6 zurückzukehren. Eine Hand liebkost
mich; ich zeige diese Thatsache an und sogleich folgt auf
ein sehr heftiges Klopfen im Tibche ein noch weit stärkerer
Schlag auf meine Hand. Ein unbestimmter Schatten,
welchen ich in dem spärlich erleuchteten Hintergrunde
des Fensters wahrnehme, wird bald allen Anwesenden
flüchtig wie eine ruckweise aus den Vorhängen auftauchende
Hand sichtbar. Man muss bemerken, dass das Fenster im
vierten Stockwerk auf eine ihrer ganzen Länge nach durch
Bogenlampen beleuchtete Strasse ging. Es ist deshalb un-
mög.ich, sich mit äusseren Vorgängen das Erscheinen dieser
Schatten zu erklären, welche übrigens zeitweilig die helle,
von den tlalousienstangen abgetheilte Fensterscheibe verdunkelten
und deshalb bewiesen, dass dieselben innerhalb
des Zimmers zwischen den Fenstern und den Vorhängen
hervorgebracht wurden.
Noch ein letzter aufregender Vorgang folgte dem Verschwinden
der Schatten. Die aus der Trommel gerissenen
Pergamentstücke tarnen, nachdem sie einige der Anwesenden
berührt hatten, in die Hand von Nr. 6; der Elfte erhielt
ein Stück des Ringes und einen Eisenstreifen, welcher mit
lebhafter Gewalt aus dem Tische gerissen wurde, woselbst
er mit drei anderen zur Befestigung diente. Der Streifen
ist ganz gebogen, der Bruch noch neu und mit dem durch
vier Nägel an einem Tischfuss befestigt gebliebenen Stücke
übereinstimmend. —
Wenn wir die Ergebnisse dieser sonderbaren Sitzung
zusammenfassen, so sehen wir, wie zugleich mit dem Wunsche,
wichtige Phänomene hervorzubringen, die geheimen Wesenheiten
eine Erregung, eine Plumpheit und eine Unhöflickkeit
bewiesen, die ganz ungewöhnlich ist. Es war da nichts
mehr von den sympathischen Eigenschaften des bekannten
John King und jener Wesen, welche ihn gewöhnlich begleiten:
Phänomene, welche denselben Typus tragen, aber hinsichtlich
ihrer intellektuellen und moralischen Bedeutung durchaus
verschieden sind.
Der alte Einwurf Gaetano NegrPs, welcher auf der
Trivialität der Phänomene beruht, drängt sich uns unerbittlich
auf; und mit ihm — sonderbarer Einklang des unbuss-
fertigen skeptischen Rationalismus mit dem theologischen
Dogma — die alte Lehre der Kirche, welche die mediumisti
sehen Kundgebungen bösen Geistern (Dämonen) zuspricht.*)
*) Zu einem ganz ähnlichen Schlüsselnd™ el< gelangte seiner
Zeit auch Unterzeichneter auf Grund der von ihm 1892*93 geleiteten
Sitzungen in der damals zu Stuttgart bestehenden „Psycholog. Gesellschaft
*. (Vergl. JVbersinnl. Welt% 1898, JV.J1. S. 122,23. — Maier.
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