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454 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 8. lieft (August 1901.)
spöttischer Miene fragte, ob sie in dem Käfig zur Post
geschickt werden sollte). Das Medium, das Gesicht uns zugewendet
, macht es sich auf seinem Stuhle möglichst bequem;
dann werden auch die Vorhänge zugemacht. Die Anwesenden
sitzen, vorgeschriebener Massen, im Halbkreise um den Käfig,
ich selbst so nahe wie möglich am rechten Ende des Kabinets.
Nachdem die Vorbereitungen so weit bei vollem Gaslichte
getroffen worden sind, wird dies ausgelöscht; das Medium
versichert, Zu ihr dringe kein Lichtstrahl. Unsere Augen
sind durch die plötzliche Schwächung des Lichtes betroffen;
nach wenigen Sekunden aber sehen wir die umgebenden
Gegenstände, Gesichter und Hände der Theilnehmer, die
hellen Theile ihrer Kleidung und schliesslich alles in befriedigender
Deutlichkeit*)
Unter solchen Bedingungen habe ich nach Verlauf einer
Zeit, die zwischen einigen Sekunden und mehreren Minuten
schwankte, nach einander die folgenden Erscheinungen auftreten
sehen, wie ich sie unter Zusammenfassung der Notizen
über mehrere Sitzungen berichte:
1) Stimmen verschiedener Art lassen sich hören, nicht
in dem Käfig, sondern in dem Nebenkabinet; erst die eines
kleinen Mädchens, das uns guten Abend wünscht; — manchmal
ist sie ernst, manchmal lustig: es ist eine „Kontrolle" oder
„Führerin" des Mediums und nennt sich Mauäy\ ferner eine
Bassstimme, die uns ebenfalls begrüsst, von Elton, einer
anderen Kontrolle. Er hält uns in etwas salbungsvollem
Tone eine Ansprache über die Vorsichtsmassregeln, die wir
bei den Sitzungen zu treffen haben, und über die grossen
Schwierigkeiten, die er und andere Ünsichtbare überwinden
müssen, um die Erscheinungen hervorzubringen (die wir
psychische nennen) und den Beweis „der herrlichen Wahr-
*) Wenn alles vorbereitet ist und ein sanftes Licht das Zimmer
erleucntet, pflegen die Anwesenden gemeinsam zu singen. Der
Gesang braucht nicht religiös, auch nicht monoton zu sein, auch
nicht korrekt, wenn nur jeder sein Bestes thut. Bei mehreren Versuchen
wurde ein zu dem Zwecke ins Zimmer gebrachtes Piano von
einem der Theilnehmer gespielt. Der uneingeweihte Zuschauer mag
dieses Detail, ebenso wie das Halbdunkel, kindisch oder verdächtig
finden; aber richtig bleibt es, dass bei allen Medien, die ich gesehen
habe, die Vorgänge jeder Art viel eher und kräftiger eintreten, wenn
es Halbdunkel ist und das Bingen eine Art harmonischer Schwingung (?)
wenn nicht der Luft, so doch der Gedanken der Theilnehmer hervorruft
. Ich habe dabei nicht unbeachtet gelassen, dass das Geräusch
des Singens dazu benutzt werden könnte, in einem Kabinet oder
sonst wo „Kunstgrifte14 vorzubereiten, und habe immer genau nach
dem Platze des Mediums hingehorcht. Ich habe dann oft bei dem
halblauten Gesänge der Theilnehmer, da ich nicht immer mitsang,
das Athmen des Mediums hören können — nichts weiter.
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