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Geheimnisse der Photographie
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daran gewesen sein, aber man kam damals nicht zum Ziele,
so dass doch den Experimenten von Professor Nipher ein
grösserer ursprünglicher Werth bleibt.
Noch ein anderer Forscher, und zwar ein sehr bekannter,
hat beaehtenswerthe Untersuchungen nach dieser Richtung
gemacht und auch veröffentlicht, nämlich der Pariser Physiker,
Meteorologe und Astronom Janssen. Als er sich im Jahre
1880 mit der Erforschung der Sonnenstrahlungen beschäftigte,
machte er der Pariser Akademie der Wissenschaften eine
Mittheilung, worin es hiess: »Ich habe die Ehre, die Akademie
von der Entdeckung einer Thatsache zu benachrichtigen, zu
der ich durch meine Studien der Analyse des Sonnenlichts
und seiner photographischen Bilder geführt worden bin. Die
Thatsache besteht darin, dass die photographischen Bilder
umgekehrt werden können und vom Negativen ins Positive
durch verlängerte Wirkung des Lichts übergehen, das sie
hervorgebracht hat." Gewöhnlich dauerte die Belichtung für
Negative bei den Versuchen Janssen1 s ein Tausendstel oder
bei Benutzung von Bromidplatten ein Zehntausendstel Sekunde
. Wenn aber die Belichtung um das 10—20 000 fache
verlängert wurde, so entstand ein positives Bild statt des
negativen. Janssen setzte seine Untersuchungen fort und
konnte bald eine weitere wichtige Mittheilung an die Akademie
gelangen lassen. Er hatte nämlich zunächst wahrgenommen,
dass bei einer gewissen Belichtungszeit die Platte in einen
Zustand gerathen kann, aus dem sich überhaupt weder ein
positives, noch ein negatives Bild entwickeln lässt. Dann
aber vermochte er noch mehr Licht in die Sache zu bringen,
indem er verschiedene Stadien unterschied, die von der
Platte während fortgesetzter Belichtung durchlaufen werden.
Zuvörderst entsteht ein negatives Bild, dessen Erzeugung
die Absicht jedes Photographen ist; dann entsteht zum ersten
Male ein neutraler Zustand, indem die entwickelte Platte
überhaupt kein Bild zeigt; nach noch längerer Belichtung
entsteht ein positives Bild; dann tritt ein zweiter neutraler
Zustand ein, indem die Platte wieder gar kein Bild aufweist;
fünftens kann bei noch längerer Belichtung wieder ein zweites
negatives Bild erzeugt werden, das sich von dem ersten
negativen Bilde gar nicht unterscheidet; sechstens endlich
tritt zum dritten Male ein neutraler Zustand, d. h. ein
Verschwinden des Bildes ein. Diese Thatsache wurde an
Platten verschiedener Art festgestellt. Die Summe dieser
Vorgänge ist völlig räthselhaft, und man hat von ihrer Entstehung
bisher nicht einmal eine Ahnung. Professor Nipher
scheint sie wenigstens zu praktischen Neuerungen verwertheu
zu wollen, und vielleicht lernt man dann später auch tiefer
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