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Sellin: Zu den Rothesitzungen in Paris. 541
entwickelten Mediumschaft der Rothe einen
Augenblick zweifelt. Was diese Herren wünschen,
und, wie Sir William Orookes mir in unsrer mehr als einstündigen
Unterredung sagte, brennend wünschen,
ist eine Gelegenheit zu zusammenhängenden
ßeobachtungssitzungen zu bekommen. Ich hatte
im Juni Alles aufs Beste arrangirt: die Herren hatten mich
gebeten, die Arrangements für die Sitzungen zu übernehmen,
weil sie selbst mit den Phasen der Rothe fast ganz unbekannt
sind, und ohne diese Kenntniss erfolgreiche und werthvolle
Baobaehtungen unmöglich sind. Das bei uns in Deutschland
so unverständig erhobene Geschrei nach Prüfungs-
sitzungen, statt nach BeobachtungsSitzungen (cf. Ftarn-
marion's Einleitung zu der „Survie" der Frau Nöggerath)
erregt in Prankreich und England weiter nichts als Heiterkeit
Man fragt sich: wissen denn diese deutschen Herren
so wenig, was einwandfrei bedeutet, dass sie das immer
nur in der rohesten Weise glauben feststellen zu können?
Ich wollte, Sie hätten sehen können, mit welcher Zuversicht
Orookes bei meinem mehr als einstündigen Besuch bei ihm
meine beiden Chemnitzer Erfahrungen als absolut einwandfrei
annahm; und als ich ihm über die bei B. erhaltenen Blumen berichtete
, an deren Stengeln bei einem Schneegestöber draussen
(25. Januar) mehrere kleine Schneeklümpchen klebten (eine
volle Stunde nach Ankunft des Mediums im warmen
Zimmer), ebenso wie ich ihm, der ja auch so viele direkte
Schriften bekommen bat, wie ich selbst, erzählte und auf
seinem Studientisch zeigen konnte, wie die direkte Schrift
(welche die Londoner Herren gesehen) unter meiner nicht
vom Tisch entfernten Hand entstand, da rief er aus:
„Sie müssen uns das Medium herschaffen;
diese Thatsachen müssen der Wissenschaft
erhalten werden!" Kurz und gut: die
„scientists" sind mit ihrem Urtheil fertig (? Red.) und brauchen
nur noch wohl gebuchte Darstellungen. Die „seiolists" haben
einstweilen das Recht verloren zu reden; mögen sie weiter
schwatzen, wenn es ihnen beliebt Dass die Reise nach
London nicht zu Stande kam, weil der Entschluss bis zum
5. Juni zu fassen war, bis dahin Frau Rothe aber nicht
loszueisen war, thut mir leid. Sie hat sich aber mit
nichten geweigert, sich der Wissenschaft zu stellen. Nur
der rohen, nach dem Kadi rufenden Afterwissenschaft hat
sie sich entzogen; wie Sie selbst ja in Ihrer Pussnote zu
meinem Märzartikel anerkannt haben, mit Recht. So
weit für heute! Ich habe noch einen ganzen Sack voll.
M. fr. Gr. Sellin.
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