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Litteraturbericht.
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IWyer's: „Die Seele des Kindes", 1886, haben wir eigentlich auf diesem
Gebiete kein bedeutendes Buch mehr hervorgebracht. Obengenanntes
Werk ergänzt unseren Preyer sehr gut. Es stellt — wie Preyer3» Buch
— ebenfalls keine systematische Psychologie des Kindes dar, sondern
beschränkt sich darauf, sorgfältig angestellte Beobachtungen, kleine
und kleinste Züge des Kindes kritisch zu beleuchten. Der Verfasser
erläutert, wie das Kind sich zu bewegen und seine Sinne zu gebrauchen
beginnt, und wie die ersten Spuren des Gedächtnisses, der Phantasie
nnd der Urtheilsbildung sich bemerkbar machen. Wie sich langsam
die Sprache, der Charakter und das Persönlichkeitsgefühl
entwickelt, wird in den folgenden Abschnitten dargethan. Diese
Psychologie besteht allerdings nur aus einer Sammlung von Einzelbeobachtungen
, aus denen sich bindende, generaHsirende Schlüsse
nicht ohne Weiteres folgern lassen; es sei denn, dass man eine
Sichtung des vorhandenen Materials vornähme, wozu man gegenwärtig
noch ans&er Stande ist, weil wir die vorliegenden Einzelfälle noch
nicht klar genug überblicken können, und weil wir es nicht unterlassen
können, die Thatsachen zu deuten und die Gefühle der
Kinder stets an denen der Erwachsenen zu messen, beziehungsweise
die Emotionen Erwachsener den Bändern unterzuschieben oder
zu suggeriren Denn wie sehr »uggestionsfähig die Kinder sind,
haben die letzten grossen Prozesse gerade zur Genüge bewiesen, und
die Kinderpsycholo^en sind noch zu suchen, die alle die Antworten,
die sie von den Kindern gern bekommen möchten, nicht in sie
hineinfragen würden. Etwas nachlässig ist in dem Compayre'sehen
Werk das Kapitel über „Die Geistesstörungen beim Kinde44 gearbeitet;
vielleicht deshalb, weil nicht genügendes und nur schlecht kontrolir-
bares Material zu verwerthen war. Erfreulich wäre es allerdings, wenn
wir in den kinderpsychologischen Studien doch noch dazu kämen,
die feinen Fäden zu entwirren, die die Kindesseele verstricken und
sie später auf die Wege des Verbrechens führen; tlenn wir könnten
dann vielleicht dureb eine tüchtige Erziehung die schlechten Anlagen
im Kinde, „die Fehler der Natur* korrigiren, was nicht nur für das
Kind, sondern auch für den Staat von grosser Bedeutung wäre. Die
Uebersetzung Ufer9* ist tadellos. (J. E. P. im „Berl. T.tt Nr. 408,1. Beibl.)
B. Zeitschriftenübersicht.
Spiritistische Bundschau* Berlin, 8. Jahrg. Nr. 9—11. Der Fall Erich
Bolin. Roth ^-Sitzung in Paris. — Ein hervorragendes neues Apportmedium.
— Zum Andenken an G. Th. Fechter. — Gedankenübertragung im Traume.
— Weshalb ist der Spiritismus noch keine anerkannte Wissenschaft? —
Experimente mit einem Somnambulen. — Denunzianten im Spiritismus. —
Giebt es Geisteskrankheiten? — Gespräche mit Geistern.
Zeitschrift für Spiritismus und verwandte Gebiete. Leipzig, Oswald
Mutze\ 5. Jahrg. Nr. 23—30. Ein geheimnisvoller Flintenschuss. — Ein
Fall unwillkürlichen Gesichts im Spiegel. — Die posthypnotische Suggestion.
— Vom Katholicismus zum Spiritismus. — Der Spiritismus kann nur mit
Medien erforscht werden. — Die Morgenröthe einer neuen Zeit. — Wie
St. Peter unter die Menschen ging. — Hallucinationen. — Ein merkwürdiger
Traum. — Wunderbares aus dem Klarissinnenkloster in München. — Der
Trancezustand der Bibel. — Uebersinnliche Begebenheiten aus nah und
fern. — Aus der Tagespresse.
Biet toekomstig Leven* Utrecht. 5. Jahrg. Nr. 12—15. Gedankenlesen.
— Das Leben nach dem Tode. — Ob der Spiritismus am besten zu entbehren
ist ? — Das Blumenmedium Frau Rothe. — Durch den Hypnotismus
zur Astrologie. — Wie man Sitzungen halten soll. — Das Zeichenmedium
Desmonlim. — Alkohol und Mediumschaft. — Der Spiritismus in Schweden.
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