http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0679
Kossuth: Physische und psychische Stadien etc. 669
erweiterten Kaumanschauung, und umgekehrt mit der Vergrösser
ung der Zeitextension auf Kosten der Zeitintension
muss das Bäumliche dahin schwinden.
Das Räumliche also, und zwar: sowohl als Extensität
(Raum, Volumen) als Intensität (Materialität, Körperlichkeit)
wird einzig und allein durch die Zeit, d. h. dadurch bedingt,
wie viele und wie grosse Veränderungen in einer Zeiteinheit
wahrgenommen, oder wie viele Verschiedenheiten vorgestellt
werden, wobei die Zahl der Differenzen im umgekehrten
Verhältnisse zur Grösse derselben Stent.
Darnach ist die Form der geistigen, unräumlichen
Existenz die Zeit, welche daher ursprünglicher als Raum
und als das Räumliche ist.*) Daher ist auch das Materielle
sekundär dem Geistigen gegenüber; denn ich habe nachgewiesen
, dass das Räumliche nur entsteht * indem von
Zeitsuccession abstrahirt wird, also muss die Zeitvorstellung
aller anderen vorangehen.
Ein mathematischer Punkt ist das gemeinschaftliche
Element des Raumes und der Zeit. Ein solcher Punkt ist
offenbar nichts als der Ausdruck der Indifferenz,
d. h. positiv und negativ zugleich. Je grösser die Summe
der positiven Einheiten auf der räumlichen Seite, um so
kleiner wird die Summe der Zeitextension, denn bei
konstanter (derselben sich gleichbleibenden)
Kraftgrösse ist die räumliche Ausbreitung der
Wirkung um so grösser, je kürzer die Dauer
der Wirkung. Daraus folgt, dass in der kleinsten Zeitextension
die grösstmögliche Raumextension liegt; folglich,
solange eine Zeitextension vorgestellt wird, ist eine jede
Wirkung räumlich begrenzt, und der Raum selbst ist eine
endliche oder vielmehr konstante, bestimmte Grösse. Somit
liegt die Ursache aller Begrenzung im Räume
und damit der Körperlichkeit in der Zeitvorstellung
. Nur darf man bei alP dem nie vergessen,
dass die Vermehrung der Extensität nur auf Kosten der
Intensität geschehen kann, folglich mit Vermehrung der
Zeitintension auf Kosten der Zeitextension wird die
Begrenzung im Räume, die Körperlichkeit, die Individualität
successive vermindert; d. h. entweder wird eine Anzahl der
*) Zöllner sagt: „Die Zeit ist die anschauliche Bedingung für die
Existenz von Unterschieden überhaupt____ Man sieht hieraus, dass
mit Bücksicht auf empirisch-nothwendige Bedingungen zur
Erzeugung jener Anschauungen die Zeit eine primitivere Anschauungsform
als der Baum ist." (Wissenschaftliche Abhandlungen II Bd.
I. Theil S. 191 Fussnote.)
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0679