http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0686
676 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1901.)
Komitäs der Dialektischen Gesellschaft zu London", welcher
die grössten englischen Gelehrten angehören (in 3 Bänden,
deutsch von Dr. Gr. C. Wittig, bei Oswald Mutze, Leipzig)
könnte den Verf. eines Besseren belehren, wenn er meint, dass
die psychologische Forschung sich bei einer so mechanischen,
kaum der äusserlich hervortretenden Phänomene nach der
physischen Seite hin gerecht werdenden Erklärungsweise
beruhigen könnte.*)
Nach der Ansicht des Verf., mit welcher derselbe in
manchen Fällen allerdings Recht haben mag, würde bei
dem Tischklopfen, wie es speziell bei dem (auch von Professor
Sellin in seinen ersten Artikeln in den „Fsych. StudL" Ende
vorigen und Anfang dieses Jahres scharf gegeisselten) „Berliner
Geistersport" betrieben zu werden pflegt, einer besonderen
Theorie zur Erklärung überhaupt nicht bedürfen, indem sich
in solchen volkstümlichen Cirkeln last regelmässig eine
oder die andere als besonders „medial veranlagt" geltende
Person finde, d. h. ein der Fremdsuggestion und namentlich
der Autosuggestion besonders zugängliches, zu automatischen
Bewegungen disponirtes, bezw. mystifizirender Spielerei
sich zuneigendes Individuum, das mehr oder weniger
unbewusst „die Tischklopferei übernehme", während die
übrigen Personen unter dem Einfluss der sie beherrschenden
Vorstellungen begünstigend oder hemmend auf die Tischbewegungen
einwirken. Diese an und für sich harmlose,
meistens nur langweilige Beschäftigung wirke aber in Folge
der meist nur dürftig und langsam erfolgenden Kommunikationen
, des sich immer wiederholenden Aufsagens des Alphabets
, sowie der dabei erforderlichen unbequemen Haltung
der Arme und Hände nicht nur zeitraubend, sondern auch
ermüdend und anstrengend, so dass sie auf neuropathische
Personen bereits von schädigendem Einfluss sein kann, insbesondere
wenn die Sitzungen zu häufig stattfinden und zu
lange dauern. Nervöse Personen verspüren auch nach unserer
Erfahrung dabei bald eigenthümliche Sensationen in Fingern
*) Ueber einige mir selbst als Schriftführer der seiner Zeit in
Stuttgart bestehenden „Psychologischen Gesellschaft* durch Tischklopfen
zu Theil gewordene angebliche Mittheilungen einer in Paris
als Studentin der Medizin erstorbenen intimen Freundin, die sich
nach obiger Theorie absolut nicht erklären lassen, habe ich schon im
Jahrg. 1895 der „Psych. Stud." in einer Abhandlung berichtet, die
dann als Anhang zu P. C. Revel's „System der Natur", deutsch von
Ifeilgenhauer, zum Abdruck kam, woselbst ich namentlich S. 206 ff.
zu vergleichen bitte. Ich bemerke noch, dass jener Gesellschaft einige
hochangesehene Aerzte angehörten, die bei Jahre lang fortgesetzten
Versuchen im engsten Familienkreis das Vorkommen unzweifelhaft
echter und keineswegs durch unwillkürliche Muskelzuckungen zu
erklärender Klopf töne wiederholt konstatirten. — Maier.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0686