http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0688
I
l
678 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1901.)
„Wird daher von einer mit dem Psyehographen operirenden
Gesellschaft oder einer Gruppe derselben ein bestimmtes
Wort erwartet, so kann es somit kaum wunderbar er-
scheinen, dass das Wort auch vom Psyehographen geschrieben
wird. Dass dies in manchen Cirkeln ausserordentlich prompt
von Statten geht und umfangreiche und zusammenhängende
„Mittheilungen" zu Stande kommen, dürfte sich in nicht
so seltenen Fällen in einfacher Weise aus dem Umstände
erklären, dass eine Person unter den Betheiligten ist, die
der ausserordentlich nahe gerückten Versuchung, willkürlich
beim Psychographiren nachzuhelfen, unterliegt.
In anderen Fällen aber dürften die Bewegungen des
Psyehographen in unwillkürlicher Weise von einer Person
verursacht werden, die zu automatischen, yon nicht zum
Bewusstsein gelangender psychischer Thätigkeit abhängigen
Bewegungen in abnormer Weise disponirt ist."
Diese Erklärung ist allerdings sehr einfach und es
unterliegt keinem Zweifel, dass beim Psychographiren gerade
wie beim Tischrücken so ziemlich alles sehr leicht willkürlich
„gemacht" werden kann. Das wissen die Forscher, die oft
Jahre lang eigene Versuche angestellt und dabei zu der
Annahme eines Einwirken» fremder, bezw. jenseitiger Intelligenzen
gelangt sind, natürlich genau ebenso gut, wie
der Herr Verf. oder sein Hauptgewährsmann, der superkluge
Herr Lehmann. Es handelt sich aber eben darum, dass
auch beim Psychographiren und bei der automatischen Schrift,
wie schon beim Tischrücken, nicht so selten der tiefgehende
Eindruck auf Neulinge gerade dadurch erzielt wird, dass ein
von niemand erwartetes bezw. zu erwartendes
Wort oder eine Mittheilung herauskommt, an die keines
der Anwesenden, die speziell darüber belehrt wurden,
dass sie sich nichts Bestimmtes denken dürfen, wenn das
Experiment überhaupt Werth haben soll, den besonderen
Umständen nach vorher denken konnte.
Auch hier verlohnt es sich kaum der Mühe, den Beweis
hierfür durch Anführung besonderer Beispiele anzutreten,
weil dieselben sowohl dem Kenner der einschlägigen Litteratur,
als auch jedem ernsthaften Experimentator aus eigener Erfahrung
zur Genüge bekannt sind. Zuzugeben ist freilich,
dass auch auf dem Gebiete des Psychographirens, wie des
automatischen Schreibens und Zeichnens vermittelst eines
in die Hand genommenen Bleistifts oder Federhalters in
spiritistischen Vereinen, namentlich wenn die Vorführungen
in Gegenwart vieler Personen oder gar gegen Eintrittsgeld
stattfinden, vielfach ein nicht genug zu verdammendes
„mystifizirendes Spiel" getrieben werden mag und dass neben
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0688