http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0696
686 Psychische Studien. XXVIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1901.)
„ Vereinsgabe" der „Gtfrm-Gesellsehaft zur Pflege der Wissenschaft
im katholischen Deutschland" in ihren Auslassungen
über den Jesuiten Delrio, Delrio ist nach menschlich-christlichen
Begriffen ein blutdürstiger und pornographischer
Tollhäusler. Das wird jedem sofort klar, der auch nur
oberflächlich in sein Werk: „Disquisitiones magieae" hineinblickt
. Hier rundweg zu leugnen und gänzlich weiss zu
waschen, ging also nicht an. Duhr bequemt sich also dazu,
die Ausführungen seines Ordensgenossen „unheilvoll" und
„traurig berühmt" zu nennen (a. a. O. 8. 39). Damit ist
der „geschichtlichen Treue" Genüge geschehen, jetzt kann
DelrioJ% Ehrenrettung mittels Fälschung vorgenommen werden.
Nur ein Beispiel! Duhr schreibt (a. a. O. S. 44): „Das Gerechtigkeitsgefühl
Delrioh bricht sich wiederholt Bahn durch
das Gestrüpp der Hexengeschichten, von dem er sich nicht
losmachen kann. Das zeigt sich auch bei anderen Gelegenheiten
, wie wenn er sich scharf gegen die Richter wendet,
die durch falsche Vorspiegelungen und Lügen die Hexen
zum Geständniss bringen wollen." Wohlweislich unterlässt
aber Duhr, die eigenen Worte Delrtös anzuführen. Ich will
das kleine „Versäumniss" hier nachholen. Nachdem Delrio
den Satz aufgestellt hat, es sei unerlaubt, durch lügnerische
Listen die Hexen zum Gestehen zu bringen, fährt er fort:
„Man beachte aber wohl, dass zwischen einer Lüge und einer
Doppelsinnigkeit ein Unterschied besteht; erstere ist verboten,
letztere erlaubt. Der Eichter kann also, um ein Geständniss
zu erlangen, der Doppelsinnigkeit und listiger Worte sich
bedienen, und er kann zu diesem Zweck dem Gefangenen
zweideutig die Freiheit versprechen. So war es erlaubt, dass
ein Richter in Lüttich einer Hexe versprach, wenn sie die
Wahrheit gestände, würde er, so lange sie lebe, für ihren
Unterhalt sorgen und ihr ein neues Haus bauen, indem
er unter dem Worte ,,Haus" das Gerüst verstand, auf
dem sie verbrannt werden sollte" (Disquisit. mag. Ed. Colon.
1679, 8. 769). —
Hiermit kann ich auch diese „Vereinsgabe** der „Görres-
Gesellschaft" dem Urtheile aller wahrheitsliebenden Menschen
überlassen, zugleich bin ich am Schlüsse meiner Ausführungen
über die „(rdrm-Gesellschaft".
Sie feiern glänzende Feste an den Ufern des Rheins,
Das Lob der katholischen Wissenschaft wird in den Tagen
vom 26. bis 31. Mai in Koblenz aus manchem beredten Munde
erklingen. Die Jubelfeier der „Görres-Gesellschaft41 wird die
führenden „Grössen" des Ultramontanismus in stolzer Heerschau
zusammenführen. Aber die Feste sind unverdient, die
Reden sind unwahr, die „Grössen" sind Scheingrössen. Die
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0696