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Psychische Studien.
Monatliche Zeitschrift*
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene
des Seelenlebens gewidmet.
28. Jahrg. Monat Dezember. 1901.
I. Abtheiluiig.
Historisches und Experimentelles.
Erfahrungs-Reflexionen.
Von Hermann Hanclricli.
Die uns yon Justinus Kerner überlieferten Fälle von
Besessenheit sind gleichbedeutend mit dem sogenannten
Trance - Zustande der Medien. Was den Besessenen als
Unglück erscheint, dient den Professionsmedien als Broderwerb
. Die Phänomene sowie die Begleiterscheinungen
sind in beiden Fällen die nämlichen, nur mit dem Unterschied
, dass die sich durch die Medien kundgebenden Geist-
wesen von den geschäftsmässig und systematisch zu Werke
gehenden Konfrolspirits - den sogenannten Familien-
geistern der Medien — im Schach gehalten, zugelassen
oder abgewiesen werden.
Dass die Kundgebungen von Seiten Verstorbener in
den meisten Fällen der Identitätsbeweise ermangeln, liegt
wohl hauptsächlich in dem Umstände, dass es eben die
Kontrolspirits sind, welche die Vermittlung der Botschaften
übernehmen und dass diese sich in Anbetracht der Verschiedenheit
der Sprachen (wie dies Herr Dr. MikulUh in
seinem interessanten Beitrag im Sept.~H**ft v. J. näher begründet
hat) oft auf suggestive Beeinflussung und symbolische
Ausdrucksweise zu beschränken haben. Aber selbst,
wo keine Sprachverschiedenheit obwaltet, wird nach meiner
langjährigen Erfahrung der individuelle Charakter der sich
kundgebenden Geistwesen durch die auf und durch fremde,
d. h. den Kontrolspirits und Medien angehörige Sinnesorgane
bedingte Transmission und Transmutation
beeinträchtigt, wenn nicht umgestaltet, was um so plausibler
erscheint, wenn wir in Betracht ziehen, dass Verstorbene,
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