http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0771
Kurze Notizen.
761
Traum IL Ich befinde mich, umringt von Freunden
und Bekannten in einem Bibliothekzimmer. Einer aus dem
Kreise greift nach einer Encyklopädie, was ich ihm jedoch
verwehre und ihm zu verstehen gebe, es bedürfe des Werkes
nicht. Dann beginne ich plötzlich den ganzen Inhalt desselben
mit eminenter Schnelligkeit den staunenden Freunden vorzutragen
mit allen Daten und technischen Ausdrücken. Es
war ein schwer wissenschaftliches Werk und das Grebiet
desselben mir vollkommen fremd. — Wie ist dieser Traum
wohl zu erklären?*)
III. Traum, den ich drei Mal mit nur geringen
Aenderungen geträumt habe. Der ganze Zusammenhang ist
zu complicirt und wohl auch werthlos. Bemerkenswerth
scheint mir jedoch der Umstand zu sein, dass die Oertlich-
keit stets die gleiche war: eine katholische Kirche, die
anscheinend älterer Bauart war; ebenso schienen die Personen
, die dem Gottesdienste in derselben beiwohnten, aus
einer älteren Zeit zu stammen. Die Träume waren durchaus
mystisch, die Empfindung nach denselben stets, als wenn
ich aus einer früheren Existenz in eine neue überginge.
Die Vorgänge innerhalb des Traumes selbst halte ich für
belanglos. — Sollten derartige Träume nicht in der That
Reminiscenzen aus einem vergangenen Leben sein?**) —*
Eine seltsame Erscheinung hatte ich Gelegenheit
bei einem 14jährigen Mädchen zu beobachten, das an
Veitstanz gelitten hatte und lange Zeit nach der Heilung
noch nicht in einen Spiegel sehen kounte, ohne ohnmächtig
zu werden. Auch ich habe häufig schon vor einem Spiegel,
namentlich gelegentlich des Toilettemachens, Empfindungen
ähnlich wie Schwindel gehabt und mied ich in solchen Fällen
sofort den Spiegel. Die im Spiegel dabei wiedergegebeae
G estalt machte auf mich etwa den Eindruck einer Automatenfigur
.***) R. 0. K"
k) Unglücksdatum. Das Londoner Journal „Daily
Ohronicle4* vom 14. Juni er. schreibt: Unser Freund, der
*) Offenbar aus der Thätigkeit des ünbewussten,
das gerade im Traum bekanntlich auch schöpferisch wirkt und ungewohnter
Leistungen fähig ist. M.
**) Warum denn nicht? Diese auf der Eeinkarnationslehre
beruhende Möglichkeit kann vernünftiger Weise a priori ebensowenig
bestritten, als ihr thatsäehliches Zutreffen nach dem jetzigen
Stand unseres Wissens a posteriori bewiesen werden. M.
***) Zur Erklärung diesei eigenthümlichen Erscheinung dürfte
in erster Linie Reichenbach'% Lehre von den sich anziehenden, bezw.
abstossenden positiven und negativen Odausstrahlungen beizuziehen
sein. Vielleicht hat Herr J. Kniepf die Güte, Näheres hierüber mit-
zutheilen. M.
Psychische Studien. Dezember 1901,
49
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1901/0771