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28 Psychische Studien, XXIX. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1902.)
man alles, was solche Entstellungen an sich trägt, vertilgen,
so müsste man jede Geistesbewegung und den besten Kern
im Menschen umbringen. Vergesse man doch nicht, dass ohne
das weit um sich greifende Interesse im Volke die okkulten
Vorgänge nie den Gelehrten Anstoss zu ernster Untersuchung
gegeben haben würden, und dieser Anstoss, der zum Frommen
mannigfaltiger Betrachtungsweise mit einer Menge spontaner
Erlebnisse die werthvollsten Anregungen bietet, ist heute
noch ganz unentbehrlich und wird nie zu entbehren sein.
Dass der Spiritismus im Volke sehr bemerkbare Fortschritte
in Methode und Theorie in einer verhältnissmässig
kurzen Zeit sollte gemacht haben, ist nicht zu erwarten, und
doch sind mit seiner allmählichen Ausbreitung auch mehr und
mehr bei ihm Grundsätze strengerer Kritik zur Anwendung gekommen
neben den begreiflich ebenfalls stets häufiger werdenden
Auswüchsen. Den Männern, welche da aufklärend eingreifen
und vom Sensationellen eines vermeintlichen blossen
Geister Verkehres die Menge an ernstere psychologische Auffassungen
gewöhnen, kann nicht genug gedankt werden.
Ganz anders als Maack hat Oliver Lodge in seiner Bede vor
der Londoner „Spiritualistischen Allianz" 1897 zwar die
kritiklose Spielerei mit den ernstesten Dingen schonungslos
gerügt, aber die wichtige Hilfe, welche die Erfahrung der
Spiritualisten der gelehrten Forschung leisten könne, freudig
anerkannt. Nachsichtig gegen Verschrobenheiten und Pro-
fanirungen, wie sie freilich stets mehr den Widerstand
herausfordern, braucht man deshalb keinen Augenblick
zu sein.
Wie viel Eigenliebe und grobe Selbsttäuschung beweist
das Vorgehen Maack's, mit dem er sich, den „Xenologen",
dergestalt vor Angriffen und Gelächter schützen will! Statt
dieses Selbstbedachtes wäre ein echtes Selbstbewusstsein am
Platze gewesen, wie es auf der dornenvollen Bahn okkultistischer
Forschung jeder Redliche braucht. Die Wahrheit
ist nichts, womit man sich putzt vor den Leuten, und
die Wissenschaft wird nicht kostbarer, wenn man stündlich
sie im Munde führt; echter Wahrheitsdienst stösst hundertfach
an den Ecken irdischer Vorurtheile an, er braucht, still
und fest auf sich selber ruhend, Selbstverläugnung und Muth
im Leiden und Bekennen. Auch die wiederholten Ausfälle
auf die Kurpfuscher zeigen den Verfasser nicht auf hoher
Warte, sondern, wo es sich um weiteste Menschheitsinteressen
und einen völlig unbehinderten Fortschritt handelt, in engsten
Stand es vorurtheilen befangen.
Die Anklage des Materialismus, die Maack uen wider
den Materialismus streitenden Spiritisten zurückgiebt, ist
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