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Pechuel-Loesche: Von westafrikamschen Gespenstern. 41
Von westafrikanischen Gespenstern.
Von Professor Dr. Pechiiel-Ijoesclie.*)
Fast vor einem Menschenalter war wieder einmal eine
schlimme Zeit über Niederguinea gekommen, eine „Zeit
der grossen Traurigkeit", wie die Eingeborenen sagen. Weite
Gebiete von Kamerun bis nach Angola litten ausserordentlich
. Nach mehreren Jahren mit ungenügenden Niederschlägen
und geringen Ernten fielen während zweier Jahre
die Regenzeiten fast gänzlich aus. Das Saatkorn ging gar
nicht auf oder die jungen Pflanzen verdorrten mit den alten
auf den meisten Feldern. Hungersnoth und ihre unausbleiblichen
Folgen, Seuchen, namentlich die Pocken, wütheten
unter den Eingeborenen. Ganze Dörfer starben aus. Die
Bewohner der ärmsten Gegenden verliessen ihre Heimstätten,
fanden anderswo Unterschlupf und Nahrung oder irrten
umher und starben einsam in Wald und Savane. Familien
und Gemeinden lösten sich auf; Mütter gaben ihre Kinder
um das Rattessen in Hörigkeit. An vielen Orten wurden
die Todten nicht mehr begraben.
Besonders schwer war der nördlichste Theil der Loango-
küste, die sonst so gesegnete Landschaft Yumba, heimgesucht
worden. Die Bewohner waren vielleicht zur Hälfte gestorben
und verdorben, versprengt, verschollen; die Uebrigen hatten
die alten Wohnsitze verlassen und neue in den Wäldern
angelegt. Um sie stand es im Jahre 1876 noch recht traurig.
Zwar mangelte es nicht mehr an Regen, aber doch an
Nahrungsmitteln. Das Saatkorn war in den Nothjahren
aufgezehrt worden und einige hilfsbereite weisse Kaufleute
hatten nur wenig herbeischaffen können. Der Handel lag
darnieder.
An den Ufern der schönen Bai von Yumba, die einst
ein wichtiger Verschiffungsplatz für Sklaven war, standen
die meisten Faktoreien geschlossen. Denn die Gegend liegt,
lag wenigstens damals, für die Küstenleute so ziemlich ausser
der Welt. Ungefähr gleich weit entfernt von den Mittelpunkten
des Verkehrs, vom Kongo und vom Gabun, galt
*) Herr Dr. Falk Schupp, der freundliche Einsender dieses in
Nr. 500 und 501 der „Münchner Neuesten Nachrichten" vom 27. und
28. Oktober v. J. erschienenen interessanten Artikels des berühmten
Jenaer Professors der Ethnographie, bemerkt dazu, dass derselbe
für den Okkultisten „trotz seiner absprechenden Tendenz werthvolle
Angaben enthält; denn dass die Spukphänomene im Interesse der
Häuptlinge lagen und, als sich das wandte, aufhörten, bedeutet
nichts gegen ihre Thatsächlichkeit. Es ist eben schwarze Magie."
- Red.
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