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Litteraturbericht.
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ganz begreiflich, dass Goethe über manche Dinge sich zu verschiedenen
Zeiten seines langen und reichen Lebens verschieden
ausgesprochen hat. Aber auch ohne ausdrückliche Zeitangabe lässt
die gegebene sorgfältige Zusammenstellung erkennen, dass supernormale
Fähigkeiten und Vorgänge den grossen Denker und Dichter
in allen Lebensperioden beschäftigt haben; und so ist das Schriftchen
geeignet, nicht nur Okkultisten in der Ueberzeugung zu bestärken,
„dass wir Goethe ganz und voll zu den Unsrigen rechnen dürfen",
sondern auch Fernerstehende für eine weniger beachtete Seite seines
Geisteslebens zu interessiren.
JDer Tod, das Jenseits, das Leben im Jenseits. Ton Dr.
Carl du Prel. Zweite Auflage. Jena, R. Costenoble, 1901.
Die Bekenner des Aardec'sehen Spiritismus einerseits, die Anhänger
der indischen Theosophie andrerseits (von Kabbalisten, Herme-
tisten und anderen in Deutschland weniger vertretenen Gemeinschaften
abgesehen) haben den Vortheil, in einem festen Lehrgebäude
zu wohnen, nach dessen Urheber und Grundlage zu fragen die
letzteren nicht einmal für nöthig halten. Dem gegenüber werden
die „moderner" angelegten Freunde des Okkultismus bereitwillig
zugeben, dass es ihre nächste und wichtigste Aufgabe ist, in vorurteilsfreier
Umschau Thatsachen zu sammeln, deren Sichtung, Ordnung
und Erörterung den Gegenstand einer Wissenschaft bilden
könne. Das Verlangen aber, für solche Thatsachen eine Erklärung
zu haben, obwohl sie noch nicht allseitig erforscht sind, lässt sich
schwer zurückdrängen. Wer nun an scharfsinnigen Hypothesen und
darauf konsequent aufgebauten Theorien, in ruhiger, klarer und geschmackvoller
Darstellung, Befriedigung findet, der wird zugeben
müssen, dass dies in den Schriften des leider zu früh ins Jenseits
eingegangenen Carl du Prel in schöner Vereinigung anzutreffen ist,
— selbst wenn ihm die Hypothesen zu gewagt oder die darauf ge-
frundete Theorie in einzelnen Punkten anfechtbar erscheinen sollten.
Tenn nun im Lichte des Okkultismus das „Erdendasein" (richtiger
das in der Sinnenwelt aufgehende Diesseits) des Menschen eine neue
Bedeutung erlangt, so gewinnt dabei auch die Frage des Nachlebens
ein neues Interesse. Die Wahrscheinlichkeit, wo nicht Gewissheit,
eines solchen Nachlebens darzuthun, ohne sich in Vermuthungen über
dessen Ausgestaltung zu ergehn, ist eine der letzten Aufgaben, mit
denen du Prel sich beschäftigt hat. Wenn er nun zu einem Jenseits
führt, das räumlich mit dem Diesseits zusammenfällt, dem wir nicht
erst angepasst zu werden brauchen, weil wir ihm schon bei Lebzeiten
unbewusst angepasst waren, welches also — ganz wie es Rechner
ausgeführt hat — dadurch gegeben ist, dass das im Diesseits an
unsern engeren Leib gebundene Bewusstsein nach dem Tode in
unserm weitern Leibe erwacht, so wird man ihm gern auf diesem Wege
folgen. Dies wird bestätigt durch den Umstand, dass binnen zwei
Jahren seit der Veröffentlichung eine zweite Auflage des Buches (inhaltlich
unverändert, nur in handlicherem Format) nöthig wurde.
fVernekke.
ß. Zeitschriften Uebersicht.
Anstatt der fortlaufenden Inhaltsangabe, die wir sonst an dieser Stelle
bringen, folgt heute nur die Zusammenstellung derjenigen in- und ausländischen
Zeitschriften, von denen uns bisher regelmässig Tauschexemplare
zugegangen sind.
Zeitschrift für Spiritismus und verwandte Gebiete. Leipzig. Red. Eeilgenhauer.
Spiritistische Rundschau. Berlin. Red Prof. Oberlimpfler.
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