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Bormann: Bin ich ein ^enthusiastischer Spiritist"? 105
kehrte. Der Wissenschaft darf nichts gelten als die unentstellte
Wahrheit, die auch keinen Augenblick eines provisorischen
Truges duldet, und das sind üble Gelehrte, die
man an das Ungewohnte und Unverstandene mit Täuschungen
gewöhnen muss, wie die Kinder mit dem Klapperstorch
.
Die Berufung auf Theosophie und Remkarnation konnte
ich als zwingende wissenschaftliche Instanz unmöglich anerkennen
. Obwohl ich also sicher nichts aussprach, was ich nicht
auch in meinen obigen Zeilen darlegte, scheint meine kurze
Entgegnung Gubalke's Missdeutung verursacht zu haben. Aus
meiner Schrift „Der Schotte Home" konnte er aber bei
ruhigem Lesen am wenigsten zu solchen Missverständnissen
verleitet werden; denn ich habe sowohl im Vorwort,
wie noch fünf Male im Buche, auf das Klarste mich dahin
erklärt, dass ich hier zunächst Hornels Anschauungen über
die Phänomene wiedergebe und ganz und gar nicht einer
anderen Auflassung vorgreife.*)
Ausserdem habe ich selbst den animistischen Boden,
der ja übrigens auch im Falle spiritistischer Auslegungen
deren ermöglichende Grundlage bleibt, — deshalb nenne
ich Home einen p h y s i o psychischen Zeugen —, für genug
Vorgänge als den zureichenden und natürlichsten bezeichnet
, wogegen ich in etlichen anderen Fällen der spiritistischen
Erklärung den Vorzug gab. Ich habe aber meine
eigene Kritik der Dinge bloss sparsam angewendet; denn
sonst wäre der Zweck des Buches verfehlt worden. Aus
der Seele Hornels heraus mit Benutzung seiner eigenen
Berichte wollte ich ein möglichst objektiv treues Bild
vom Wesen des seltenen Mannes geben, der für die Einbürgerung
des Okkultismus und seiner wissenschaftlichen
Behandlung in Europa fraglos den mächtigsten Anstoss
gegeben hat. Sowohl gegen meinen wissenschaftlichen, wie
künstlerischen Sinn war es, diese Objektivität zu verletzen
und ich habe mich auch in einer Selbstanzeige der „Zukunft4
* dahin ausgesprochen, dass ich nicht mit störender
Kritik hier, so zu sagen, den Plügelstaub der Psyche
abstreifen mochte. Eine so bedeutende Selbstdarstellung
eines Mediums, wie die Home's in seinen „Incidents of my
life", kann gar nicht freudig genug von der ernsten Forschung
begrüsst werden, die dann freilich ihre selbstständige
*) Vergl. S. 61-62; 70; 78; 85; Ol. Dr. E. ßohn hat in der
Kritik meines Buches diese Vorurtheilslosigkeit ausdrücklich anerkannt
. iPsych. Stud. 1899, S. 419.)
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