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110 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1902.)
Nach den Angaben in der Nähe Sitzender war nun ein
Geräusch zu hören, welches dem Schreiben mit einem
Bleistifte durchaus ähnlich war; und nachdem das Buch dem
Eigenthümer zurückgegeben war, wurde konstatirt, dass sich
darin, auf zwei Seiten vertheilt, die Worte befanden; „Der
Freuden viel, der Leiden wenig, dies sei Dein Loos!"
Selbst möchte ich noch Folgendes anführen: Frau Anna
Rothe, sowie ihr Begleiter, Herr Max Jentsch, trafen am
Sonntag Nachmittag mit dem Zuge 5 Uhr 23 Minuten von
Berlin hier ein und wurden von mir nebst Frau auf der
Bahn in Empfang genommen. Wir begaben uns ins Hotel,
woselbst ich zwei Zimmer bestellt hatte, die oberflächlich
durch Herrn Jentsch während ca. zwei Minuten in Augenschein
genommen wurden, und stand Frau Rothe mit meiner Frau
und mir während dieser Zeit auf dem Hausflur des Hotels.
Wir begaben uns nun in meine Privatwohnung, woselbst
Frau Rothe und ihr Begleiter es sich etwas bequem machten.
Ich betone hierbei, dass beide Personen keinerlei Reisegepäck
mit sich führten, sondern lediglich je einen Schirm.
Von der Zeit ihrer Ankunft ab bis zum Ende der Sitzung
selbst ist sowohl Frau Rothe, wie Herr Jentsch, stets unter
unseren Augen gewesen, mit Ausnahme weniger Momente,
die letzterer in Begleitung des Oberkellners im Hotel in den
Zimmern verbrachte. —
Als Nachtrag zum Protokoll hat noch eine Anzahl von
Theilnehmern durch Unterschrift*) sich speziell dafür verbürgt,
dass sie mit ihren Augen selbst wahrgenommen haben, wie
gewisse Apporte erst aus dem freien Raum sowohl an der
Seite, wie über dem Tisch in die Hände des Mediums
gelangt sind, und habe ich gerade dies für besonders werthvoll
gehalten. Soviel wie schon von gegnerischer Seite gegen
die Echtheit der Vorführungen dieses Mediums angeführt
worden ist, ganz abgesehen von den in der grossen Berliner
Versammlung kürzlich in ganz gewissenloser Weise verbreiteten
schändlichen Lügen , soviel Ungereimtheiten sind
auch selbst von wissenschaftlicher Seite geäussert worden,
lediglich in dem Drange, etwas als unmöglich hinzustellen,
was allerdings von Laien auf dem Gebiete der psychischen
Forschung und des Spiritismus nicht so leicht zu begreifen
ist. Mit stolzer Selbstüberhebung wird, lächelnd auf die
gläubigen spiritistischen Kindsköpfe herabblickend, gesagt,
dass das Medium eben die Sitzungsteilnehmer täusche,
dass unter allen Umständen (NB. wenn an der Einwands-
*) Weshalb wurden diese Unterschriften uns nicht; zur Veröffentlichung
mitgetheilt? — Red.
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