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156 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 3. Heft. (März 1902.)
und der letzten Dinge; nur indireet, nämlich auf dem Wege
logischer Schlussfolgerung lässt sich da erweisen. Aber, es
waltet da Sicherheit; denn, bei gut gestellten Prämissen,
leistet, wie schon bemerkt, die Logik weit mehr, als jeder
unmittelbare Nachweis durch irgend welchen Versuch.
Jede Zelle, jedes Organ zerfällt oder geht in andere
Formen des Lebens über, wenn der Zusammenhang mit
dem Organismus aufhört, und der Organismus zerfällt und
seine verschiedenen Theile gehen in andere Formen des
Lebens über, wenn der physiologische Tod eintritt. Bs
handelt sich hier von einem gewissen Etwas, welches im
lebenden Leibe wirksam ist und im Tode den Leib verlässt.
Nun aber lehrt die Erfahrung, dass dieses gewisse Etwas
weiter besteht und einen ätherischen Leib bildet, welcher
unter gewissen Umständen je nach Bedürfniss und Kraft
theilweise oder ganz sich verdichten und so sich offenbaren
kann, wie der frühere materielle Körper, ob auch diese
Verdichtung blos kurze Zeit andauere.
Selbst ohne solche augenscheinliche Materialisation giebt
das gewisse Etwas ganz bestimmte Zeichen seiner Existenz,
klopft, setzt Gegenstände in Bewegung, schreibt unter den
schwierigsten Umständen mit seiner eigenen Handschrift,
entdichtet Körper und verdichtet dieselben wieder. Dieses
innere Etwas erweist sich als denkendes, fühlendes, plastisch
und psychisch wollendes Wesen, somit als Gestalter seiner
Organisation, dieselbe sei stoffiich, ätherisch oder dynamisch.
Wie von allen Dingen in der Welt, ist uns armen Erdenwürmern
auch von diesem Etwas, der Seele, das innere
Wesen nicht bekannt und es fragt sich, ob ein Geschöpf
menschlicher Gattung jemals solche Erkenntniss erlangen
werde. Es heisst, zunächst mit den Erscheinungen sich
begnügen, dieselben wissenschaftlich erforschen und sodann
philosophisch verwerthen.
Erscheinungen des seelischen Lebens, welche durch die
Organisation und durch moralische Handlungen sich ausdrücken
, sind wahrnehmbar durch die Organe der Sinne;
das Dasein der Seele als Entität und Gestalterin des
Organismus kann nur auf dem Wege der logischen Schlussfolgerung
bewiesen werden. Der Organismus zerfällt, sowie
die Seele sich abscheidet, und das denkende, fühlende,
wollende Wesen überdauert den physiologischen Tod, bildet
einen leichteren, für gewöhnlich unsichtbaren Organismus
und oflfenbart sich durch denselben. Damit ist genannter
Beweis geliefert. Doch, es giebt noch andere Beweise.
§ 10. Jedem unbefangenen Beobachter drängt die That-
sache der Entwicklung in allen Universen und der ursächliche
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