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164 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 3. Heft. (März 1902.)
alle „geradlinigen" Bewegungen auf der Erde sind eigentlich
alle nur Bewegungen auf einer 8ehr komplicirten, vielfach
gekrümmten Linie, wegen der Umdrehung der Erde um sich
selbst, um die Sonne, der Bewegung des Sonnensystems
selbst u. s. w.; — drittens wäre diese wirklich gerade Linie
das Normale eines vierdimensionalen, besser eines absoluten
Raumes. Nun ist aber eine absolut schnelle Bewegung mit
gar keiner Bewegung, also der Buhe gleichbedeutend; demnach
ist ein wirklich ruhender Körper sinnlich unwahrnehmbar
oder ein geistiger Körper.
Daraus folgt aber unabweisbar, dass die (ob sinnlich,
ob begrifflich) anschauliche Vorstellung eines materiellen
Körpers nur zu Stande kommen kann, wenn ein ideeller
Körper in einem ideellen Baume, d. h. der Geist in der
Zeit bewegt ist. Der Begriff der Bewegung erfordert aber
die Mehrheit (Verschiedenheit) der Orte; weil aber ein Ort
von einem geistigen Körper durch nichts unterschieden werden
kann, so ist die Bewegung des Geistes nichts als eine Vermehrung
der Orte, oder also der geistige Körper eine Vermehrung
seiner selbst. Weil aber die Vermehrung der Orte
nichts ist als die Vermehrung von unbewegten geistigen
Körpern, — denn in der Bewegung geht die bewegende Kraft
auf, also in der Vermehrung der Orte die Vermehrungskraft
selbst, so zieht die Vermehrung der geistigen Körpereinheiten
die Verminderung der Beweglichkeit oder des Kraftvermögens
eines jeden einzelnen nach sich. Mit einem Wort: je grösser
ein Baum vorgestellt wird, umso geringer wird die Beweglichkeit
eines jeden einzelnen Körpers, oder die Bewegungskraft
oder das Bedürfniss, die Notwendigkeit einer Bewegung
vorgestellt. Kurz: in einer erweiterten Raumanschauung
muss die Körperlichkeit im Räume vermindert werden und
zwar: entweder verschwindet ein Theii der Körper ganz
(die Zahl der Körper nimmt ab), oder die Zahl bleibt
dieselbe, aber ein jeder Körper verliert eine oder die andere
von den wesentlichen Eigenschaften (also Ausdehnung,
Schwere, UndurchdringJichkeit u. s. w.), oder die Zahl der
Körper wird vermehrt, aber alle mit noch mehr abgeschwächter
Intensität der Materialität oder auch mit unverminderter
Intensität, aber von verkürzter Dauer, also auf eine bestimmte
Zeit. Es giebt offenbar unzählige quantitative Variationen.
Die allgemeine Konsequenz davon ist, dass entweder die
Zahl oder die Existenzdauer oder das Wirkungsvermögen
von „vierdimensionalen", „übermenschlichen4
* Wesen beschränkt sein muss. —
Das heisst: sie sind von räumlichen und zeitlichen Bedingungen
gerade so gut wie wir abhängig.
*
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