Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
29. Jahrgang.1902
Seite: 201
(PDF, 221 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Dankmar: Geistige und soziale Strömungen etc.

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zur Religion, wie die Charlatane zur Medizin."*) Aus
diktatorischen Gelüsten, hauptsächlich um seinem Tugendstaate
eine religiöse Grundlage zu gehen, Hess er durch den
Konvent be^chliessen (17. Mai 1794): ,,Le peuple fran<jais
reconnait FEtre surpröme et Pimmortalitö de Farne." Am
20. Prairial des Jahres III («=* 8. Juni 1794) fand das Fest
des höchsten Wesens statt und im Tuileriengarten verbrannte
Robespierre die vom Maler David aufgestellten, terpentinbestrichenen
vier Monstra des Atheismus, des Egoismus, der
Zwietracht und der Tyrannei, worauf die unverbrennliche,
leider etwas rauchgeschwärzte Statue der Weisheit zum
Vorschein kam.

Es existirte ein Katechismus dieser neuen Religion,
welcher „Hymnes et priöres en usage dans les temples de
la raison" enthielt. 1796 bildete sich auch unter den Bürgern
Hauy und Larivettiere-Lepaux die Sekte der Theophilanthropen
(und der Theoanthropophilen, d. i. Gottes- und
Menschenfreunde), einer deistischen Religionsgemeinschaft, die
aus den Vedas, dem Koran, aus Zoroaster, der Bibel u. s. f.
ihre Lehren hernahm, indem sie dem (richtigen) Grundsatze
huldigte, die Wahrheit sei in allen Systemen eine einzige
und nur ihre jeweilige Erkenntniss eine verschiedene. Unserer
modernen Theosophie glich diese Bewegung, welche vom
Direktorium zehn Pfarrkirchen in Paris eingeräumt erhielt,
auch in ihrer grossen Toleranz. Jedermann: Heide, Christ,
Jude konnte Theophilanthrop werden, wenn er das Gredo
der allgemeinen Brüderschaft, der Existenz eines höchsten
Wesen8 und der Unzerstörbarkeit des Seins (nicht der
individuellen Unsterblichkeit) anerkannte, ohne das Eigenartige
seiner speziellen Religion aufgeben zu müssen. Durch
ein Dekret vom Jahre X (— 1802) wurde die Theophilan-
tropie, welche der Kirche viel Abbruch gethan hatte, in
Folge des Konkordats unterdrückt.

*) ü. Taine: „Die Entstehung des modernen Frankreichs/
(TJebersetzung von L. Kutscher) II, 3, 79. „Wie verschieden ist doch
der Gott der Natur von dem Gotte der Priester. Meines Erachtens
gleicht nichts der Gottlosigkeit so sehr, wie die von den Priestern
erfundene Beligion", sagte Robespierre auch. Ueber 40000 unbeeidete
Priester wurden des Landes verwiesen. In der Sitzung vom 3. Ven-
tose in meinte Boissy d'Anglas: „Bald wird die Eeli^ion eines Socrates,
eines Marcus Aurelius und eines Cicero die Eeligion der ganzen
Welt sein.*

(Fortsetzung folgt.)


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