http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1902/0216
206 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 4. Heft. (April 1902.)
dass wir in unserem Experimente die mechanische Aktion
durch „thermische" (richtiger: temperale) ersetzen können.
Erwärmung des Luftkörpers zu 2 P treibt den Kolben
hinauf bis C oder Abkühlung zu 2 M hinunter bis A. Es
bestehen hier also dieselben Verhältnisse von Kräften und
Volumen, wie vorher. Stets ist die Wärme dem Volumen
direkt und die Kälte ihm umgekehrt proportional, und stets
ist ihr Produkt, das Galom, durch die ganze Masse konstant.
Da die Elektrizität sich in der Erfahrung als abnormale
Temperatur an Oberflächen von Körpern zeigt und
in normale Temperatur verwandelt werden kann, also mit
dieser wesentlich identisch ist, so ergiebt sich auch für sie
dasselbe Gesetz der Konstanz des Produkts von sogenannter
„positiver und negativera Elektrizität, wofür ich nur das
OAm'sche Gesetz und den Clark'schen Widerstandsmesser als
Beweise anzuführen brauche.
Bezüglich der chemischen Aktion ist ebenfalls die Sache
längst zu unseren Gunsten abgethan. Dulong und Petit und
viele nach ihnen haben auf experimentalem Wege gefunden,
dass in allen chemischen Substanzen oder Zuständen das
Produkt von „Atom- resp. Molekulargewicht" (repräsentirend
die passive Kraft) und spezifischer Wärme ein konstantes
ist. Keine chemische Aktion irgend welcher Art vermag
diese Konstante zu beeinflussen. Da die Veränderungen
der sogenannten „Aggregatzustände" durch temperale
(„thermische") Aktion erfolgen, und jeder solcher Zustand
auch zugleich ein chemischer ist, wodurch die „multiplen
Proportionen" der Chemie entstehen, so folgt, dass auch im
Festen, Flüssigen und Gasförmigen, das Produkt der Gegenkräfte
stets dasselbe, also konstant ist. Mithin kann keine
mechanische, temperale, elektrische oder chemische Aktion
irgend welcher Art am Galom etwas ändern, und da dies
die elementaren Aktionen sind, von denen alle anderen
Kombinationen bilden, so folgt, dass keine Aktion das Galom
ändern kann. Gleichmässig durch Raum und Zeit ist es
die einzige Konstante im Wechsel der Dinge und im Rausche
der Vorgänge; es ist das absolute Wesen der Welt, von welchem
der Raum gleichmässig angefüllt oder voll gestopft ist und
das somit den Welt st off bildet. Alle Zustände in der
Welt sind blosse Verhältnisse der Gegenkräfte, dieser
Wesensfaktoren des Stoffs, die unendlich variiren mögen,
ohne je oder irgendwo das Galom zu betreffen.
Das Galom ist das Absolute, denn es hat kein Gegen-
theil, keine Beziehungen, keine Zustände, keine Eigenschaften,
weil alles dies in Kraftverhältnissen, Zustandsbeziehungen,
Raum und Zeit liegt, von denen das Galom unabhängig, in
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1902/0216