http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1902/0227
Reich: Blicke in das Reich des Uebersinnlichen. 217
Magnetismus und sonstige Ismen liefern überzeugende, doch
nur indirecte Beweise für die Existenz unsichtbarer Intelligenzen
. Das Besessensein ist ohne Annahme solcher Wesen
gar nicht zu erklären, und die versuchten materialistischen
ebenso wie die amnestischen Erklärungen erhellen nichts
und werden eiligst zu Schanden.
AIit der Erscheinung des sogenannten Doppelgängers
will man darauf hindeuten, dass gewisse Persönlichkeiten
noch während ihres Seins im stofflichen Organismus einen
ätherischen Leib bilden, denselben nach Aussen werfen und
so an zwei verschiedenen Orten zugleich wahrgenommen
werden. Man hat es hier zu thun mit einem krankhaften
Phänomen; denn im normalen Zustand bildet keine Seele
mit stofflichem Organismus zugleich einen ätherischen Leib.
Dieser Gegenstand wird noch sehr genau und ohne Vor-
urtheil zu prüfen sein. Alles, was man Interiorisation nannte,
gehört in dieses Bereich, steht aber erst im Embryonal-
zustande seiner Entwickelung.
Aus den auf oben angedeutete Erscheinungen bezüglichen
Beurtheilungen kann nicht der Schluss gezogen werden, dass
die Seele sich verdopple, sondern es muss angenommen
werden, dass unter bestimmten krankhaften Verhältnissen
die stets ungetheilt bleibende Seele mittelst ihres plastischen
Wollens nicht nur den stofflichen Organismus erzeuge,
sondern auch den ätherischen, welcher unter normalen Verhältnissen
von der Seele erst nach dem physiologischen Tode
gebildet wird. Wie, wann und vvo diese abnorme Bildung
zu Stande kommt, isfc weit davon entfernt, bereits bekannt
zu sein; nur dieb möge als gewisb gelten, dass, bei Bildung
des Doppelgängers, die Seele den ätherischen Leib für
kurze Zeit materialisirt und sodann wieder entdichtet,
dematerialisirt. Weshalb solches geschieht, ist gänzlich
unbekannt und vorläufig auch unerfindlich.
Aus der Gesammtheit der magischen Phänomene,
welcher Art dieselben auch sein mögen, sind bedeutende
Folgerungen zu ziehen für Wissenschaft, Philosophie und
Religion» Zunächst wird es klar, dass ausser der handgreiflichen
sinnlichen Welt eine Welt existire, welche wir unter
gewöhnlichen Umständen nicht durch die Sinne wahrnehmen,
unter besonderen (keineswegs jedoch übernatürlichen) Verhältnissen
wahrnehmen und schauen; es wird klar, dass diese
beiden Welten ursächlich zusammenhängen und blos verschiedene
Offenbarungen einer und derselben Welt sind;
dass alles Sein um Seele und deren Vervollkommnung sich
drelit und dass die Seelen in den verschiedenen Peiioden
ihrer Existenz einander gegenseitig beeinflussen; dass beide
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1902/0227