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228 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 4. lieft. (April 1902.)
doch vorgeben zu glauben. Dann haben sie den Berieht,
dass viele Heilige wieder auferstanden und nach Jerusalem
gekommen sind, als Christus starb, und dass viele sie gesehen
hätten. Wie sie bestreiten mögen, dass Todte wieder erseheinen
, verstehe ich nicht. Jedenfalls giebt es eine lange
Reihe von Beglaubigungen, eine gehäufte Menge von Zeugnissen
, die praktiscli zu Beweisen werden, und auch als
solche betrachtet werden würden, handelte es sich um irgend
einen anderen Gegenstand der Untersuchung.
Wenn Sie die Litteratur über diese Dinge zu Rathe
ziehen — und es existirt darüber eine sehr umfangreiche —,
dann werden Sie alF diese Berichte finden, und Sie können
dann selbst Ihre Schlussfolgerungen ziehen. Wenn Sie
moderne Bücher über diesen Gegenstand lesen, werden Sie
finden, dass diese Erscheinungen heutigen Tages noch
vorkommen und nicht nur voi hunderten von Jahren.
Oft behaupten die Menschen, dass sie niemals jemanden
angetroffen, dem eine Geistergeschichte selbst passirt ist,
dass es immer jemand anders war, seine Grossmutter oder
sein Freund oder ihre Tante, die die Erscheinung oder
etwas derartiges hatte. Dem ist nicht so! Es klingt diese
Behauptung ja recht scharfsinnig und witzig, aber sie ist
nicht wahr — wie so manche andere scharfsinnige und
witzige Behauptungen. In der neuesten Litteratur finden
Sie, dass eine Menge Personen solche Din^e bezeugen, die
ihnen selbst passirt sind, wie z. B. in: „Real Ghost Stories"
(Wahrhatte Geistergesehiehten), ein kürzlich von W. T. Stead
veröffentlichtes Buch; in „Dreams und Ghosts" (Träume und
Geister) von Andrew Lang, beides in ihren betreffenden
Richtungen wohlbekannte Schriftsteller; und so giebt es noch
viele andere Bücher über diesen Gegenstand. —
Das ist also die eine Weise, in welcher es uns unzweifelhaft
bezeugt wird, dass es ein Leben nach dem Tode
giebt. Der Regel nach jedoch sind die Umstände bei einem
solchen Vorkommniss nicht derart, dass Sie vi el Auskunft
über das Leben selbst von den Erscheinungen erhalten;
denn es kommt selten vor, dass eine Erscheinung lange
genug bleibt, um Ihnen Bericht zu geben. Aber immerhin,
Sie haben die Thatsache, die ganz bekannte Thatsache, dass
eine „Erscheinung" sich gezeigt hat. Es giebt aber noch
eine andere Reihe von Zeugnissen, die sich Ihnen darbieten:
die Zeugnisse des modernen Spiritismus.
Wenn das Wort „Spiritismus" ausgesprochen wird, so
zeigt sich sofort bei Vielen eine Art Erregung, „weil", wie
sie sagen, „eine Unmenge von Betrug" damit verbunden ist.
Die Medien sind so häufig entlarvt, sind auf bewussten
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