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Giebt es unsichtbare Wesen?
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Wesen überhaupt noch existiren können; und dennoch, der
Wasserdruck schadet ihnen nichts, im Gregentheil, das Aufhören
desselben. Möglich, dass auch uns Menschen anders
organisirte Wesen bedauern, weil wir einem so grossen
Luftdruck ausgesetzt sind, von dem wir eigentlich nichts
verspüren. In den eisigen Gefilden Grönlands, dessen Oberfläche
ganz vereist sein soll, hat eine Expedition, die von
Payer und Weiprecht die Polargegenden durchstreifte, unter
anderen Thieren auch den sogenannten Polarhasen angetroffen.
Dass in den Polargegenden zumeist Raubthiere vorkommen,
dafür zeugt der spärliche Pflanzenwuchs; und doch wurde
also ein Vegetarianer vorgefunden, ganz angepasst an seine
Umgebung, demnach schneeweiss von Farbe, der anscheinend
ganz vergnügt war. Auf hohen Alpen hat man oft den
Schnee scheinbar in röthlieher Farbe angetroffen; die nähere
Untersuchung ergab aber, dass die röthliche Färbung von
einer winzig kleinen Algenart komme. Nun diese Alge ist
wohl die genügsamste Pflanze, indem sie lediglich mit dem
Schnee zufrieden ist. Nur erwähnen wollen wir noch die
für das menschliche Auge nicht wahrnehmbaren Mikroben
in der Luft und die ebenso zahlreichen als vielgestaltigen
Wesen, die sich in einem Tropfen stagnirenden Wassers
finden und unter dem Sonnenmikroskop als wahre Ungeheuer
erscheinen, die auch gegenseitig den grausamsten „Kampf
ums Dasein" liefern. JDiese wenigen Beispiele geben uns
doch ein Bild von der Fülle des irdischen Lebens, die uns
wahrhaft in Erstaunen versetzen muss. Kann man gegenüber
diesen grossartigen Erscheinungen und dieser anscheinend
fast unbeschränkten Ausbreitung des organischen
Lebens im Ernste noch länger annehmen, dasselbe wäre
blos an die Oberfläche des einzigen Planeten Erde gebunden
und weiter hinaus jählings abgeschnitten? Eine solche
Annahme wäre schon a priori logisch unmöglich. Der Baum
bis zur Mondbahn und noch weiter hinaus sollte eine öde,
leere Wüste sein, baar jedes Lebens? Es ist ganz unvorstellbar
, kaum dass man die Oberfläche der Erde verlässt,
einem solchen Kontrast zu begegnen, wonach sich die
Ueberfülle des Lebens nicht weiter in diesem Räume ausbreiten
könnte. —
Noch ein anderer Grund spricht aber gegen die Annahme
, dieser Raum sei öde und leer. Er ist nämlich
bedeutend grösser als die gesammte Oberfläche der Erde,
und nun sollte das, was kleiner und gedrängter ist, Leben
enthalten, der grössere, geräumigere Raum aber sollte eine
Wüste sein! Dies alles drängt, wie gesagt, zu der Annahme,
dass auch dieser Raum belebt sein wird. Sind nun diese
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