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240 Psychische Stadien, XXIX. J&hrg. 4. Hett. (April 1902.)
hypothetischen Wesen nicht vielleicht eben jene fremden
Intelligenzen, die der berühmte englische Physiker Crookes
zur Erklärung der spiritistischen Phänomene herbeizuziehen
sich gedrängt fand? Oder gehen wir einen Schritt weiter,
sind diese Wesen nicht vielleicht doch die freigewordenen
Geister verstorbener Menschen, was zu sein sie ohnehin, auch
nach Crookes1 Erfahrungen, vorgeben?
Betrachten wir den Spiritismus mit seinem empirisch
beigebrachten Tbatsacbenmaterial von diesem Standpunkte
aus, so zeigt uns derselbe m der That die nächste Station,
die der Menschengeist in seinem Entwickelungs- und Vollendungsprozesse
nach seiner grobmateriellen Verkörperung
auf der Erdoberfläche durchzumachen haben dürfte, und
zwar unter Wahrung des schon längst erkannten Grundsatzes
: in natura non datur saltus. Man wird freilich gegen
diese Annahme mancherlei einwenden, z. B. dort oben höre
die Luft auf, die doch nach unseren Erfahrungen hier auf
der Erde zum Unterhalt des Lebens nothwendig sei; ferner
herisehe dort eine grimmige Kälte, die der Entwickelung
des Lebens sicherlich nicht förderlich wäre; Meteore durchschwirren
den Raum, und könnten so lästig werden u. s. w.
Dies alles ist nun aber nur insoweit richtig, wenn man das
Leben in diesem Eaume sich so organisirt vorstellt, wie es
das uns bekannte Leben auf der Überfläche der Erde ist.
Für uns und für unsere Thier weit wäre der Aufenthalt in
solchen Räumen sehr ungemüthlich. Aber deswegen brauchen
wir nichts Ernstliches für jene luftigen Wesen zu befürchten;
denn nach dem schon berührten allgemeinen Naturgesetze
sind die Körper alier Lebewesen derart organisirt, dass sie
dem Milieu, in welchem sie sich aufhalten sollen, vollkommen
angepasst sind, was um so eher und leichter zu bewerkstelligen
ist, da sie ja den Stoff zu ihrer Hülle gerade
diesem Milieu entnehmen. Den Luftmangel kann eventuell
der Aether ersetzen und Meteore fallen ja auch genug zur
Erde nieder, ohne dass sich die Menschheit deswegen in
ihrem Thun und Lassen beengt oder behindert fühlen würde.
Freilich ist dies alles vorläufig blos eine Hypothese,
aber sie ist auf physikalischen Gesetzen aufgebaut, und
deshalb auch so lange haltbar, als sie nicht durch neue
Erfahrungen oder Entdeckungen widerlegt wird.
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