Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
29. Jahrgang.1902
Seite: 285
(PDF, 221 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Kessler: Justinus Kerner und die Seherin von Prevorst. 285

nimmer bei der an meiner Nervenkraft saugenden Spinne
sehen. Diese Sitzungen und Samariterdienste bei der Seherin
hatten nämlich für mich auch oft einen bösen Nachgeschmack.
Ich kam durch sie häufig zu spät in die Schule und vernachlässigte
meine Hausaufgaben. Während ich im Glauben
zunahm, nahm ich im Wissen ab, und mein Präzeptor Hess
mich oft schmerzlich fühlen, dass es schwer ist, zwei Herren
zu dienen. Jedoch dieses mir oft recht gründlich beigebrachte
Schmerzgefühl kümmerte meinen Vater nicht. Alle Augenblicke
, wenn ich an der Feder nagte und meine Lateinaufgaben
schreiben oder sonst der Gelehrsamkeit huldigen wollte,
hiess es: „Such' zu Versuchen bei der Seherin schnell diese
und jene Pflanzen !tf Da musste ich in Wald und Feld rennen,
Baldrianwurzel, Farnkraut, Ringelblume, Fenchel, Holunder,
Kartoffelblüthe, Sauerampfer, Brunnenkresse und so weiter
holen. Für das Johanniskraut musste ich meist schon in
der Morgendämmerung aufstehen, es noch mit dem frischen
Thau zur Seherin bringen. Dann kam wieder ein Professor,
der sprach mit meinem Vater über die Wirkung der Wünschelruthe
, hatte aber noch keine gesehen. „Schnell, Theobald,
bring eine!" rief mein Vater; ich musste die gabelförmigen
Zweige einer Haselnussstaude von einer Hecke suchen
und abschneiden. Je mehr der Anlauf wissbegieriger Fremder,
welche die Seherin sehen und prüfen wollten, zunahm, desto
notwendiger wurden meine Dienste als Portier, und das
war mitunter für mich ein schweres Amt. Es gab viele
ungeschlachte Gesellen, welche glaubten, unangemeldet wie
in eine Schaubude bei der Seherin eintreten zu können,
diese musste ich unter allerlei Ausreden gründlich abweisen;
andere fragten mich ganz manierlich, wann sie wohl Zutritt
haben und wann sie meinen Vater sprechen könnten.

So machte ich die Bekanntschaft mit berühmten Naturforschern
, Aerzten, Philosophen, was mir aber wenig nützte,
da ich noch zu jung war, um ihren Werth zu erkennen. Es
kamen damals der Seherin zulieb auf Tage, oft auch Wochen
/. Görres, Fr. Baader, F. I. Schelling, Lad. Pyrker, G. Schubert,
Eschenmayer, David Friedrich Strauss, Passavant, Schleiermacher,
Wangenheim, Schönlein, Köstlin, Georg Jäger, Gläubige und
Ungläubige, Philosophen, Doktoren, Professoren und Schrift-
gelehrte aller Art. Der liebste Besuch war mir aber immer
Stadtsehultheiss Titot von Heilbronn. Dieser hatte eine
grosse Mineraliensammlung und brachte daraus verschiedene
Steine, mit denen mein Vater bei der Seherin Versuche
machte. Von diesen Steinen schenkte Titot mir zuweilen,
so dass ich allmählich eine kleine Steinsammlung bekam.
Ausser diesen in greifbarer Menschengestalt erscheinenden


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