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Kurze Notizen.
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Kontrolle schon in der ersten u. a. sich über dem Haupte
des Mediums eine schlanke, weisse, den Anwesenden, zumal
Herrn Vassallo zuwinkende Hand zeigte. Nach abgedrehtem
Licht fühlte sich Letzterer von zwei Armen lebhaft
umschlungen, von zwei zarten solchen Händchen am Kopf
gefasst und bei einem geheimnissvollen Licht mit langen,
heissen Küssen geliebkost. Auch in der 2. Sitzung ergriff
der Vater die — Allen sichtbar — materialisirte Hand
Naldino^j die dann langsam nach oben schwebte und von
dem sich auf die Zehenspitzen stellenden Vater nicht losgelassen
wurde, bis sie in nichts zerfloss. Den Höhepunkt
der wunderbaren Phänomene bildete die 4. Sitzung, in
welcher Vassallo eine schlanke Knabengestalt mit dem Gesicht
seines Söhnchens dicht an sich gedrückt fühlte und
deutlich die ihm unvergesslichen Worte: „Papa mio! Papa
caro! 0 Dio" in schluchzendem Freudenausbruch hörte, so
dass er von der Identität des Phantoms überzeugt wurde.
Lombroso und Morselli wollen jedoch zunächst noch weitere
S6ancen abhalten, ehe sie mit einem Bericht über diese ihre
neuesten Erlebnisse an die Oeffentlichkeit treten. Man darf
demselben mit gespannter Erwartung entgegensehen.
c) Aus dem Kapitel des Aberglaubens berichtet
der in Rosenheim (Bayern) erscheinende „Wendelsteiner
Anzeiger" aus Aschau bei Kraiburg vom 12. Januar er.:
„Drei frische Gräber sah man erst kurz vor Weihnachten in
unserem Friedhofe. Eine Sonntagsnacht waren sie offen
geblieben. Ein diesbezüglicher Aberglaube sagt, dass daraufhin
in kurzer Zeit drei Personen den in die Ewigkeit vorausgegangenen
nachfolgen sollten. Ist es Zufall, dass wir nun
heute der dritten Person, die seitdem verblichen, die letzte
Ehre erwiesen? Am 2. Januar wurde die Privatiöre Anna
Rost von hier zu Grabe getragen. Ein selten grosser Leichenzug
bewegte sich, als eben die Sonne aufging, zum Friedhofe.
Fürwahr ein ergreifendes Bild! Aber noch ein traurigerer
Anblick sollte sich zeigen: an dem langen Zuge schritt ein
Geistlicher mit dem Allerheiligsten vorbei, um der todtkranken
Oberhauser in Kemating, deren Mann eben die Leiche zur
letzten Ruhe trug, den letzten Trost und die letzte Hilfe zu
spenden. Noch am selben Tage, ja wenige Stunden, nachdem
sich Vater und Kinder um die Mutter versammelt hatten,
starb auch sie. Und heute sehen wir einen schwergeprüften
Vater von fünf unmündigen Kindern, Herrn Schuhmachermeister
Thalhammer von hier und mit ihm viele Trauernde
schluchzend am Grabe seiner dahingeschiedenen treuen
Gattin.'1 — Wir glaubten diese uns freundlichst zugesandte
Notiz registriren zu sollen, weil derartige Vorkommnisse,
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