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Dankmar: Geistige und soziale Strömungen eto. 331
auschen ergriffen ihren Worten; — da, als sie auch noch
*ür den Freiheitskampf der Griechen eintritt, fällt sie in
Ungnade, wird überall von der Polizei ausgewiesen, als
Betrügerin und Volksaufwieglerin verfolgt, und so stirbt sie
n Elend und Noth (1824) in der Krim. Als sie wirkliche
Bekennerin der Lehre Christi wurde, verfolgte man sie als
ilevolutionärin. —
Ludwig XVI1L zieht wieder in Paris ein (8. Juli 1815)
nd mit ihm jene beschauliche Stimmung, welche Euhe,
luhe um jeden Preis haben will. Ein straffes Polizei-
egiment unterdrückt (unter der „heiligen Allianz") im Namen
ier „Ordnung" jegliche freie Meinungsäusserung. Lamartine
ässt seine sentimentalen Meditationen („Meditations poeti-
ines" 1820 und 1828), prächtige, sanfte Rhythmen in streng
katholischem Geiste gehalten, ertönen und huldigt einem
eaktionären Ultramontanismus. Auch Victor Hugo ist zu
cner Zeit christlich-monarchisch und klerikal bis in die
!jluss8pitzen. Er donnert gegen die Revolution und ihre
,Henker" und lässt in seiner Ode an Ludwig XVIIL, an*
ässlich der Geburt eines Thronerben*), Gott den Seraphims:
,Courbez-vous, e'est un roi!" zurufen. — Auch Mliciti de la
Wennais (Lamennais) wirkte damals im Sinne des absoluten
'apalismus und schrieb gegen Toleranz und Geistesfreiheit,
iber nicht etwa im Sinne eines bornirten Pfaffen, sondern
chon damals, in seiner ersten Periode, geht ihm die Per-
cktionirung des Einzelnen, das Glück der Menschheit über
Üe Macht der Kirche; er will blos jenes durch diese erreichen
■nd schreibt bereits in seiner Zeitschrift „I/Avenir": „Wenn
Sure (sc. der Priester) Religion nicht mit dem Menschen-
,eschlechte fortschreitet, wenn sie nicht Takt hält mit den
'ulsschlägen des menschlichen Herzens, so muss sie rückwärts
chreiten und zu Grunde gehen. Ihr habt über Könige
.eherrscht, — streckt Eure Hände jetzt dem Volke entgegen,
s wird Euch mit starken Armen, und was besser ist, mit
»einer Liebe stützen." Natürlich wurde de la Mennais damals
on der Kirche gefeiert und Papst Leo XIL bot ihm (1818)
cn Kardinalshut an, den jener aber ausschlug. Bald werden
*) Gemeint ist kein direkter ^Nachkomme Ludivig's XVIII., der
ckanntlich kinderlos starb, sondern dessen Grossneffe, das Enkelkind
wrl's X. (des Bruders Ludwirf & XVI IL), weiches die tapfere Herzogin
um nach der Ermordung ihres Gatten, des Herzogs v. herry (f 13. Febr.
820), des Sohnes h'arPs X., am 29. September 1820 geboren hatte. Auf
iesem Prinzen, dem „von Gott geschenkten Wunderkindeu, dem
päteren Thronprätentenden Grafen Uiambord (f 24. August 1883 zu
Honsdorf in Steyermarkj, beruhte der Fortbestand der legitimen
>ynastie der Bourbonen.
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