http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1902/0379
Leadbeater: Irrige Ansichten über den Tod. 369
gewissheit darüber, ob die Seele ihres Sohnes gerettet ist,
ob er im Augenblick des Todes im „Zustand der Gnade"
war, um den technischen Ausdruck zu gebrauchen, wie sein
Leben in jenem fernen Lande war u. s. f. All diese Sorge
und all dieser Kummer ist absolut unnöthig; denn in welchem
Lande er sich aufgehalten, das grosse Gesetz, das die Welt
regiert, ist dasselbe dort wie hier. In welchem Zustand er
nach dem Tode sich befindet, der göttliche Wille regiert
dort wie hier. Das haben wir sehen und erfahren können
und so ist all diese Furcht und all die Sorge und all der
Kummer vollständig und absolut unnöthig. Und welch eine
Summe von Leiden macht das aus! Es folgt hieraus auch,
dass die ganze Idee der Trauer für die Todten auf irriger
Auffassung beruht; — wie irrig, kann nur der einsehen, der
die andere Seite des Todes gesehen hat; denn wie wenig Sie
davon auch eine Ahnung haben mögen, Ihr unpassender,
un gemessener Jammer erregt Die, welche Ihnen vorangegangen
sind und thut ihnen Schaden. Die Niedergedrücktheit, die
Sie wie eine Wolke auf sich herabziehen, die Sie bedeckt,
wirkt auch auf die Abgeschiedenen, und zieht sie zur Erde
zurück. Es ist verhängnissvoll, solch eine Verantwortung
auf sich zu nehmen. Wohl sollen wir an Die denken, die
wir lieben, wenn sie dahin gegangen sind: wir können nicht
zu viel an sie denken. Kein Theosoph wird Ihnen rathen,
die Todten zu vergessen, sondern ihrer zu gedenken; aber
diese Gedanken sollten nicht die Form des sinnlosen Kummers,
des Verlangens und des Begehrens, sie zurückzuziehen, annehmen
, sondern die Form des selbstlosen Wunsches, des
Gebetes, wenn Sie so wollen, für ihr Fortschreiten und für
ihr Emporsteigen in diesem neuen höheren Leben.
Dieses „Gedenken* hilft ihnen, und wenn Sie auch in
sehr vielen Punkten und mit Eecht von der katholischen
Glaubenslehre abweichen, so muss ich doch bekennen, dass
wir in der Welt des Westens dieser grossen Kirche allein
schon dafür entschieden Dank schuldig sind, dass sie bei ihren
Anhängern die Idee des Gebetes für die Todten lebendig
erhalten hat. Sie hat erkannt, dass, wenn Gebet und starke
gute Wünsche nützen können (und sie bringen Nutzen),
sie in allen Fällen wirksam und anwendbar sind. Das
können Sie auch bei Betrachtung der höheren Ebene bemerken
. Wenn die Gebete u. s. w. irgend wie wirksam sind,
wenn sie irgend wie nützen, dann müssen sie am wirksamsten,
am nützlichsten für den sein, der von dieser Welt in eine
höhere übergegangen ist. Er ist dort mehr in dem Bereich
dieser grossartigen Gedankenschwingungen. Die Liebe und
die ernsten Gedanken, die ihm von denen nachgesandt werden,
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1902/0379